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608. Periode.

Die einfachste Form eines Satzgefüges besteht darin, dass dem Hauptsatze nur Ein Nebensatz untergeordnet ist, als: X. Cy. 3. 2, 3 δὲ Κῦρος, ἐν συνελέγοντο, ἐθύετο: ἐπεὶ δὲ καλὰ ἦν τὰ ἱερὰ αὐτῷ, συνεκάλεσε τούς τε τῶν Περσῶν ἡγεμόνας καὶ τοὺς τῶν Μήδων. Ἐπεὶ δὲ ὁμοῦ ἦσαν, ἔλεξε τοιάδε. Dem Hauptsatze können zwei oder mehrere Nebensätze untergeordnet sein, ja es kann sich jedes Glied des Hauptsatzes mit Ausnahme des Prädikats zu einem Nebensatz ausgebildet haben. Die griechische Sprache jedoch, welche so reich an Partizipien ist, liebt die Nebensätze häufig in verkürzter Form auszudrücken, als: νυκτὸς ἤδη γενομένης (i. e. ἐπεὶ νὺξ ἤδη ἐγένετο) ἄγγελος, ἐκ τοῦ πολέμου ἐπανελθὼν (i. e. ὃς ἐκ τ. π. ἐπανῆλθεν), ἐπήγγειλε τῷ Κύρῳ, ὅτι οἱ πολέμιοι ἀποφύγοιεν.

Endlich können diesen Nebensätzen, indem sich die Glieder derselben zu neuen Nebensätzen ausbilden, wieder Nebensätze und diesen wieder andere untergeordnet werden; auch können den Nebensätzen andere Nebensätze beigeordnet werden. Auf diese Weise kann das Satzgefüge einen immer grösseren Umfang erhalten. Alle Nebensätze aber sind dem Hauptsatze untergeordnet; der Hauptsatz erscheint als der gemeinschaftliche Träger aller Nebensätze. Insofern aber den Nebensätzen wieder andere Nebensätze untergeordnet sind, unterscheidet man verschiedene Stufen der Unterordnung. Die Nebensätze nämlich, welche sich unmittelbar aus dem Hauptsatze entwickelt haben, stehen auf der ersten Stufe der Unterordnung, diejenigen aber, welche sich aus diesen wieder entwickelt haben, auf der zweiten u. s. f., z. B. X. C. 3.2.8 καὶ Κῦρος εἰπών, ὅτι εἰδείη τοῦτο, εὐθὺς παρηγγύησε τοῖς Πέρσαις παρασκευάζεσθαι, ὡς αὐτίκα δεῆσον διώκειν, ἐπειδὰν ὑπαγάγωσι τοὺς πολεμίους ὑποφεύγοντες οἱ Ἀρμένιοι, ὥστ᾽ ἐγγὺς ἡμῖν γενέσθαι. Der Hauptsatz besteht in den gesperrt gedruckten Worten; εἰπών (i. e. ἐπειδὴ εἶπεν), verkürzter Adverbialsatz, steht auf der ersten; ὅτι εἰὁ. τ., Nebensatz, auf der zweiten; ὡς αὐτίκα δεῆσον διώκειν, verkürzter Adverbialsatz, auf der ersten; ἐπειδὰν . . οἱ Ἀρμ., Adverbialsatz, auf der zweiten; ὥστε . . γενέσθαι, Adverbialsatz, auf der dritten Stufe der Unterordnung.

Periode wird im weitesten Sinne des Wortes jedes aus einem Hauptsatze und einem Nebensatze zusammengesetzte Satzgefüge, in dem sich die Einheit eines Gedankens darstellt, genannt. Im engeren Sinne aber versteht man unter Periode ein solches Satzgefüge, welches aus zwei oder mehreren Nebensätzen zusammengesetzt und in allen seinen Teilen so geordnet ist, dass sich sowohl die Einheit jedes einzelnen Satzes, als die Einheit des ganzen Satzgefüges deutlich darstellt, und mit dem letzten Worte das Ganze als ein in sich Abgeschlossenes und Vollendetes hervortritt. Die Periode kann sich zu einem sehr grossen Umfange ausbilden, und dennoch die Einheit des ganzen Gedankens klar erkannt werden, wenn die einzelnen Glieder gut geordnet sind, sich rhythmisch bewegen, in verschiedener Form abwechseln und in einem gewissen Gleichgewichte oder Ebenmasse zu einander stehen.

Die schönsten Perioden sind diejenigen, welche aus zwei einander gegenübertretenden Hauptteilen, die wieder aus zwei oder mehreren beigeordneten oder untergeordneten Sätzen bestehen, zusammengesetzt sind. In einem solchen Satzgefüge verhält sich der erste Hauptteil zu dem zweiten gewissermassen wie die Arsis zur Thesis. Eine schön gebildete Periode ist das Höchste und Vollendetste, was die sprachliche Darstellung aufzuweisen hat.

Dass in den unterschiedenen Stilgattungen die Perioden eine unterschiedene Form annehmen, ist selbstverständlich. In dem geschichtlichen Stile, in dem die Begebenheiten erzählt oder geschildert werden, müssen die Perioden einfach und von mässigem Umfange sein und eine gekünstelte Wort- und Satzstellung vermeiden. Es kommt bei ihnen besonders darauf an, dass die wichtigen Momente von den minder wichtigen deutlich ausgezeichnet und sowohl diese als jene dem Hergange der Begebenheiten selbst gemäss einfach, klar und deutlich dargestellt werden. Als Muster in den historischen Perioden kann Xenophon in seinen geschichtlichen Werken angesehen werden. Herodot muss als gemütlicher Erzähler betrachtet werden. Daher ist sein Periodenbau sehr locker und lose und durch anakoluthische Konstruktionen oft gestört. Des Thukydides Periodenbau ist bei seinem grossen Streben nach Kürze häufig schwerfällig und dunkel. Die Perioden des didaktischen Vortrages müssen sich gleichfalls durch Einfachheit der Bildung und Klarheit auszeichnen. Nimmt der didaktische Vortrag die dialogische Form an, so bewegt er sich frei, bindet sich weniger an die strengen Gesetze in der Anordnung der Satzteile und der Sätze, giebt sich einer gewissen behaglichen Nachlässigkeit hin, kurz, er sucht überall die Form der Umgangssprache wiederzugeben. Das vollendetste Muster in der dialogischen Form ist Platon. Treffend sagt von ihm F. G. Engelhardt1): “Placide ac sedate cuncta persequitur, simpliciter adjungens, quaecunque ad rem certius definiendam apta videntur, quomodo inceptam verborum structuram concludat, minime sollicitus, redintegrans, ubi in oblivionem venit, revertens in viam, ubi commode fieri potest, ut tamen, ubi res fert, nec aberrare poeniteat. Semper colloquentes inter se homines, saepe adeo confabulantes audimus, id unice agentes, ut veritatem inquirant, ut prolatas in disputatione sententias examinent, ne quid temere sibi persuaderi patiantur, adesse quenquam, qui audiat, nihil suspicantes.” Die kunstreichsten Perioden sind die oratorischen, d. h. diejenigen, in welchen die öffentlichen Reden abgefasst sind. Sie haben gemeiniglich einen grösseren Umfang; die einzelnen Glieder sind gut geordnet und richtig untereinander verteilt; eine grosse Schönheit derselben sind die Antithesen, indem einem Satze ein anderer entgegengestellt wird; zwischen allen einzelnen Teilen herrscht richtiges Ebenmass, so dass der Länge der Vordersätze die Länge der Nachsätze entspricht; in den einzelnen Satzgliedern und Sätzen findet Abwechslung statt; alle Teile der Periode bewegen sich rhythmisch; der Ausgang hat einen schönen rhythmischen Schluss2). Man vergleiche z. B. den schönen Eingang der Rede des Demosthenes pro corona oder aus der I. Rede gegen Philippos S. 51, §§ 38 u. 39. Doch diese wenigen Andeutungen mögen genügen. Denn die Aufgabe der Grammatik ist bis zur Periode zu führen; die nähere Betrachtung derselben liegt nicht mehr in dem Bereiche der Sprachlehre, sondern gehört der Rhetorik an.

1 De periodorum Platonicarum structura Gedani 1853, p. 36.

2 S. Dissen Dissert. de structura periodorum oratoria in seiner Ausg. der Rede des Demosth. de corona, Gottingae 1837. Eingehende Darlegungen bei Blass: Attische Beredsamkeit I—III^{2}. Leipzig 1887—98 und: Rhythmen der attischen Kunstprosa: Isocrates, Demosthenes, Platon. Lpz. 1901.

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