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Von den Accenten und Accentzeichen.

Die griechische Sprache hat für den Hochton nach üblichem System zwei Accente, den Akut oder scharfen Hochton (προσῳδία ὀξεῖα), dessen Zeichen ist, als: λόγος, und den Cirkumflex oder gebrochenen Hochton (πρ. περισπωμένη, ὀξυβαρεῖα, κεκλασμένη, δίτονος, σύμπλεκτος, u. a. N., s. Keil, Gr. Lat. IV, 531), der durch ~ bezeichnet wird. Dieser Accent kann nur auf einem von Natur langen Vokale oder einem Diphthonge stehen, und dieser Vokal oder Diphthong muss als eine Länge betrachtet werden, welche aus zwei in einander geschleiften kurzen Vokalen zusammengesetzt ist, von denen der erstere den Hochton, der letztere den Tiefton hat. Bei dem Cirkumflexe vereinigt sich Höhe und Tiefe des Tones in einer Silbe, indem z. B. das Wort σῶμα etwa wie σόὸμα, δῆλος wie δέὲλος, πρᾶγμα wie πράὰγμα gesprochen wurde.

Dem Akut oder scharfen Hochtone steht der Gravis oder der Tiefton (πρ. βαρεῖα) entgegen, dessen Zeichen ist, das aber üblichermassen nicht gesetzt wird. Man schreibt daher nicht ἄνθρὼπὸς, λόγὸς, sondern ἄνθρωπος, λόγος. Man bedient sich desselben nur als eines im Zusammenhange der Rede geschwächten oder gedämpften Akuts (§ 85, 1) und zur Unterscheidung von τὶς, τὶ, aliquis, aliquid, von τίς, τί, quis? quid?

Anmerk. 1. Das Zeichen des Cirkumflexes ist aus der Vereinigung der beiden anderen Accentzeichen, des Akuts und des Gravis ́̀, entstanden und sollte eigentlich die Gestalt ^ haben (Arcad. 187; Choerob. b. Bekk. An. II, p. 706: ὀξεῖα συναπτομένη τῇ βαρείᾳ τὸν τύπον τοῦ Λ ἀποτελεῖ, οἷον ́̀). Hierfür entstand durch Abrundung (damit nicht mit Λ verwechselt werde) , daraus später in der Minuskelschrift unser Zeichen

Anmerk. 2. Nach ursprünglichem Systeme wurde auch der Tiefton bezeichnet, wovon in den alten ägyptischen Papyrus noch Belege vorliegen: ῈΠῈΣΣΕΎΟΝΤΟ (Ilias, London), ΜῊΣᾺΜΈΝΟΙ (Frg. des Alkman). Man gab indes, ἵνα μὴ καταχαράσσωνται τὰ βιβλία (Bk. Anecd. 688 f., vgl. 685, Hdn. I, 10), die Bezeichnung des Tieftons auf, ausser wenn derselbe (am Wortende) nur gedämpfter Hochton ist.

Anmerk. 3. Bei Diphthongen setzen wir den Accent auf den zweiten Vokal, und im Anfange der mit einem Vokale anlautenden Wörter den Akut und Gravis hinter den Spiritus, den Cirkumflex aber über denselben, als: ἅπαξ, αὔλειος, ἂν εἴπῃς, εὖρος, αἶμα. In der Unzialschrift aber steht bei den Diphthongen , , der Accent hinter dem Spiritus, oben vor dem ersten Vokale, als: Ἅιδης (ᾄδης). Bei dem Trennungszeichen (§ 55, 2) steht der Akut (Gravis) zwischen, der Cirkumflex über den Punkten, als ἀΐδης, κληῗδι.

Anmerk. 4. Geachtet hat man auf die Verschiedenheit des Accents bereits in der attischen Zeit. Ephoros von Kyme, Isokrates' Schüler, unterschied (in seiner Schrift περὶ λέξεως) die cirkumflektierte Betonung, unter dem Namen περίσπασις (Gramm. lat. IV, 531 K.). Plato (Cratyl. 416 B) setzt den Unterschied zwischen καλόν und καλοῦν (beides damals ΚΑΛΟΝ geschrieben) ausser in die Quantität auch in die ἁρμονία, d. i. den Accent, und hebt bezüglich der Umwandlung von Διὶ φίλος in Δίφιλος hervor, dass die mittlere Silbe (φι) ἀντὶ ὀξείας βαρεῖα geworden sei. Auch die zu Platos Zeit verfassten dorischen Διαλέξεις (Mullach, Frg. Philos. I, 550) reden von dem Unterschiede der ἁρμονία zwischen Γλαῦκος und γλαυκός, Ξάνθος und ξανθός, Ξοῦθος und ξουθός. Aristoteles (Poet. c. 20) sagt von den Lauten: ταῦτα δὲ διαφέρει . . δασύτητι καὶ ψιλότητι καὶ μήκει καὶ βραχύτητι καὶ ὀξύτητι καὶ βαρύτητι καὶ τῷ μέσῳ, wo τὸ μέσον ein (nicht ganz zutreffender) Ausdruck für den gemischten Accent, den Cirkumflex ist. Anderswo (Poet. c. 25, Soph. El. c. 4, p. 166 b, c. 21, p. 177 b) hat Aristoteles bereits den Namen προσῳδία, setzt aber, seinem Namen μέσον entsprechend, den Unterschied zwischen οὗ καταλύεις und οὐ καταλύεις, οὗ καταπύθεται (Il. ψ, 328 falsche Lesung) und οὐ καταπ. als einen solchen grösserer und geringerer Tonhöhe (λέγοντες τὸ οὔ ὀξύτερον Soph. El. c. 4, vgl. Schol. p. 299 ed. Brandis, ὀξύτερον τὸ δὲ βαρύτερον ῥηθέν das. c. 21). Wir wissen indes nichts davon, dass man schon damals Accentzeichen erfunden hätte; diese werden vielmehr samt den anderen Lesezeichen, die man unter dem Namen αἱ δέκα προσῳδίαι mit befasste (Spiritus, Zeichen für Länge und Kürze, Apostroph, Hypodiastole, Hyphen) auf den alexandrinischen Grammatiker Aristophanes von Byzanz zurückgeführt (Arcadius π. τόνων p. 186 ff.) Dessen Schüler Aristarch aus Samothrake scheint dann die Accentuation in den dialektischen Dichtertexten für welche man sie allein nötig hatte) zuerst systematisch durchgeführt zu haben.1) — Neben dem herrschend gewordenen und gebliebenen Systeme der drei Accente hat es noch andere Systeme gegeben (Varro bei [Sergius] in Keils Grammat. Latini IV, 528 sq.); Glaukos von Samos brachte die Zahl auf sechs, worunter eine μέση und mehrere Unterarten des Cirkumflexes. — Die Setzung von Accenten und Spiritus in Handschriften gewöhnlicher Sprache ist erst im 7. Jahrh. n. Chr. allgemeiner geworden.(Smyth 149)

1 S. Lehrs de Aristarchi studiis Homericis 247^{3} sqq.; Ribbach de Arist. arte grammatica (Progr. Naumburg 1883) p. 16 sqq.

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