Raphael Kühner, Bernhard Gerth, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache
Ildar Ibraguimov, Ed.

II. Lehre von den Zeitformen und den Modusformen des Verbs.

Nächst den Generibus oder Arten unterscheiden wir an dem Verb:

a) die Zeitformen (Tempora), durch welche das Zeitverhältnis des Prädikats ausgedrückt wird;

b) die Modusformen (Modi), durch welche das Aussageverhältnis des Prädikats ausgedrückt wird.

A. Lehre von den Zeitformen (Temporibus) des Verbs.

[*] 380. Vorbemerkung.

In der Formenlehre (§§ 220 ff.) haben wir die allmähliche Entwickelung der Zeitformen erörtert und gezeigt, dass als die notwendigsten Zeitformen einer Sprache das Präsens und das Präteritum zu betrachten sind, s. § 225, indem das Präsens zugleich auch zur Bezeichnung des Zukünftigen angewendet werden kann. Obwohl in der Homerischen Sprache die Zeitformen schon fast vollständig ausgebildet sind, so hat sie doch mehrere Futurformen, die sich von den Präsensformen durchaus nicht unterscheiden; ja einige wenige haben sich in der Präsensform bis in die spätesten Zeiten erhalten, s. § 227, 6. Die semitischen Sprachen sind nie über jenen Standpunkt hinausgekommen. Ihr Präsens ist zugleich Futur, und ihr Präteritum umfasst den griechischen Aorist, das Imperfekt, Perfekt und Plusquamperfekt. Auch die germanischen Sprachen haben nur zwei einfache Zeitformen; alle übrigen werden durch Umschreibung mit Hilfsverben ausgedrückt.

Die griechische Sprache ist allerdings auch nicht fähig gewesen, lauter selbständige einfache Zeitformen zu schaffen; aber sie hat vor jenen Sprachen in doppelter Hinsicht einen grossen Vorzug, einmal, dass sie über eine weit grössere Zahl von Zeitformen verfügt, die einfache Bildung aufweisen oder doch durch die enge Verschmelzung des Stammes mit den Hilfselementen (s im Aor. I und Fut. Act., k im Perf. Act.) ganz das Gepräge einfacher Bildungen erhalten haben, während jene Sprachen sich der schwerfälligen und den Rhythmus der Rede störenden Umschreibungen mit Hilfsverben bedienen müssen; sodann dass sie durch den scharf ausgeprägten syntaktischen Gegensatz des Aoristes zu den Formen des Präsens- und Perfektstammes die Möglichkeit gewonnen hat, die feinsten Schattierungen des Gedankens zum Ausdrucke zu bringen. In der vollkommenen Entwickelung und Ausbildung der Verbalformen zur Bezeichnung der Zeit- und Modusverhältnisse beurkundet der Genius

Kühners ausführl. Griech. Grammatik. II. T. 1. Abt. 9

der griechischen Sprache seine schöpferische Kraft am herrlichsten, und es findet sich keine Sprache, in welcher jene Beziehungsverhältnisse mit so bewunderungswürdiger Klarheit, Schärfe und Feinheit ausgedrückt werden könnten wie in der griechischen.

[*] 381. Übersicht der Zeitformen.

Die griechischen Verbalformen bringen nicht nur die Zeitstufe, d. h. das Zeitverhältnis der Handlung zur Gegenwart des Redenden, zum Ausdruck (Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft), sondern auch die Beschaffenheit der Handlung (Aktionsart), indem sie den Vorgang entweder als Faktum schlechthin oder als in der Entwickelung begriffen oder als vollendet darstellen.

Den drei Aktionsarten entsprechen die drei Tempusstämme des Aorists, des Präsens und des Perfekts.

Die Formen des Aoriststammes bezeichnen den Vorgang als Faktum schlechthin, d. h. als eine in sich abgeschlossene, “in einem ungeteilten Denkakte ganz und vollständig vorzustellende Handlung”¹) (momentane Aktion): fugei=n entfliehen, a)poqanei=n sterben, po/lis e)teixi/sqh die Stadt wurde befestigt.

Die Formen des Präsensstammes schildern den Vorgang in seiner Entwickelung, seinem Verlaufe, ohne Rücksicht auf den Abschluss dieser Entwickelung (durative Aktion): feu/gein sich auf der Flucht befinden, a)poqnh/|skein im Sterben liegen, po/lis e)teixi/zeto man war mit der Befestigung der Stadt beschäftigt.

Die Formen des Perfektstammes stellen den aus der vollendeten Handlung hervorgegangenen Zustand dar (perfektische Aktion): pefeuge/nai entflohen, in Sicherheit sein, teqna/nai tot sein, po/lis e)tetei/xisto die Stadt war befestigt.²）

Mit diesem Bedeutungsunterschiede der drei Tempusstämme steht auch ihre verschiedene Bildungsweise im Einklange: der Aorist, der das Faktum schlechthin, ohne die Nebenbeziehungen der Entwickelung oder der Vollendung bezeichnet, stellt in der älteren Bildungsweise (Aor. II) den Verbalstamm dar, während die übrigen Tempora bei fast allen Verben eine erweiterte Stammform aufweisen, vgl. fug-ei=n u. feu/g-ein, bal-ei=n u. ba/ll-ein, tem-ei=n u. te/mn-ein, tux-ei=n u. tugxa/n-ein, qan-ei=n u. qnh/|sk-ein, qe/-sqai u. ti/qe-sqai, mig-h=nai u. mi/gnu-sqai, tup-h=nai u. tu/pt-esqai.

Anmerk. Eine die Sache vollständig deckende Terminologie für die drei Aktionen fehlt. Die Ausdrücke momentan und durativ sind nicht so zu verstehen, als ob der Aoriststamm immer eine Handlung von kurzer Dauer, der Präsensstamm eine solche von langer Dauer bezeichnete, sondern sie werden hier in dem Sinne gebraucht, dass die aoristische Handlung gleichsam mit einem Blicke vom Anfangs- bis zum Endpunkte überschaut wird und so in einen Moment zusammengedrängt erscheint, die präsentische Handlung dagegen sich während ihrer (wenn auch kurzen) Dauer vor uns entfaltet, ohne dass der Endpunkt in den Gesichtskreis tritt.

Nur die Indikative bringen gleichmässig sowohl die Aktionsart wie die Zeitstufe zum Ausdruck; die übrigen Formen bezeichnen nur die Aktionsart, während die Zeitstufe aus dem Zusammenhange der Rede erschlossen werden muss.

Für die momentane Aktion existiert keine Form der Gegenwart, weil eine gegenwärtige Handlung nicht als abgeschlossen in dem oben besprochenen Sinne gelten kann, sondern stets in ihrem Verlaufe angeschaut wird. Das Futur vereinigt in sich sowohl die momentane als die durative Aktion: feu/comai ich werde entfliehen und ich werde auf der Flucht sein. (Über das mediale und passive Futur s. § 376, 3 u. 4).(Smyth 1850)

Hiernach ergiebt sich folgendes System von Formen:

I. Zeitformen der Gegenwart:

a) momentan: —

b) durativ: Praesens, feu/gw ich bin auf der Flucht;

c) perfektisch: Perfectum, pe/feuga ich bin entflohen (bin in Sicherheit).

II. Zeitformen der Vergangenheit:

a) momentan: Aoristus, e)/fugon ich entfloh;

b) durativ: Imperfectum, e)/feugon ich war auf der Flucht;

c) perfektisch: Plusquamperfectum, e)pefeu/gein ich war entflohen (war in Sicherheit).

III. Zeitformen der Zukunft:

a) momentan: Futurum, feu/comai ich werde entfliehen;

b) durativ: Futurum, feu/comai ich werde auf der Flucht sein;

c) perfektisch: Futurum exactum, teqnh/cw ich werde tot sein. (Smyth 1851, 1852)

Ferner werden die Zeitformen eingeteilt in Haupttempora und Nebentempora.

a) Haupttempora nennt man alle Zeitformen, die sich auf die Gegenwart oder Zukunft beziehen: die Indikative des Präsens, des Perfekts und des Futurs, der sogen. gnomische Aorist, sowie sämtliche Konjunktive, Optative und Imperative.

b) Nebentempora oder historische Tempora sind alle Zeitformen, die sich auf die Vergangenheit beziehen: der Indikativ des Aorists, das Imperfekt und Plusquamperfekt (sowie das Praesens historicum, vgl. § 382, 2).(Smyth 1858)

Gebrauch der Zeitformen.

[*] 382. a) Praesens.

Das Präsens (im Indikative) bezeichnet eine gegenwärtige, d. h. in die Gegenwart des Redenden fallende, in der Gegenwart des Redenden sich entwickelnde Handlung. Der Gebrauch des Präsens im Griechischen stimmt meistens mit dem in anderen Sprachen überein, insofern es

a) eine Handlung bezeichnet, die im Augenblicke des Sprechens sich vollzieht: i(keteu/ome/n se pa/ntes,

b) eine gegenwärtig wiederholte Handlung, einen gegenwärtig dauernden Zustand: *swkra/ths e)/fh: oi( ne/oi polla/kis e)me\ mimou=ntai kai\ e)pixeirou=sin a)/llous e)ceta/zein. *du/o basilei=s a)/rxousi th=s *spa/rths. *oi' *)aqhnai=oi e(ka/stou e)/tous qewri/an pe/mpousin ei)s *dh=lon,

c) eine allgemein für alle Zeiten geltende Behauptung: o( a)/nqrwpos qnhto/s e)stin.

Doch ist zu betonen, dass das Präsens an sich weder den Begriff der Dauer, noch den der Wiederholung enthält, sondern die Handlung nur in ihrer Entwickelung vor Augen führt.

Oft wird das Präsens in der Erzählung vergangener Ereignisse gebraucht, indem der Redende sich in die Zeit zurückversetzt, wo die Handlung sich abspielte (Praesens historicum). Auch diese Ausdrucksweise ist allen Sprachen gemein, und zwar nicht bloss als Form der lebendigen und anschaulichen Schilderung, sondern auch in dem nüchternen Stile der Chroniken und Genealogieen; denn auch der Chronist versetzt sich in das Jahr zurück, dessen Ereignisse er aufzählt. So verwendet auch die griechische Sprache, und zwar häufiger als die übrigen verwandten Sprachen, das Präsens historicum in Haupt- und Nebensätzen ebensowohl bei besonderer Lebhaftigkeit der Darstellung als bei dem schlichten Erzählungstone. Th. 1.136 das ganze Kap., ebenso 137. Oft neben Aoristen oder Imperfekten zur Hervorhebung einzelner besonders bemerkenswerter und für die Folge wichtiger Momente, z. B. Hdt. 3.129 a)gge/llei tw=| *darei/w:| o( de\ a)/gein min par' e(wuto\n e)ke/leuse. 130 o( de\ e)nqau=ta dh\ e(wuto\n e)kfai/nei . . dwre/etai dh/ min meta\ tau=ta o( *darei=os . . a)pope/mpei min para\ ta\s e(wutou= gunai=kas. 131 kai/ min deute/rw| e)/tei+ tala/ntou *ai)ginh=tai dhmosi/h| misqou=ntai. 133 e)corkoi= min. 134 le/gei *atossa ta/de . . a)mei/betai *darei=os. 135 a)poste/llei au)tou\s e)pi\ qa/lassan. 136 e)n w(=| tau=ta e)/pasxon, o( *dhmokh/dhs e)s th\n *kro/twna a)pikne/etai. 137 a)pikne/ontai e)s th\n *kro/twna. 138 oi( *pe/rsai e)kpi/ptousi th=|si nhusi\ e)s *)ihpugi/hn . . *gi/llos de\ ai(re/etai ka/todo/n oi( e)s *ta/ranta gene/sqai (das Präs. gleichsam neue Scenen des Dramas einführend). 5, 55 e)pei\ *(/ipparxon ktei/nousi *)aristogei/twn kai\ *(armo/dios, meta\ tau=ta e)turanneu/onto *)aqhnai=oi. 6, 34 i)o/ntes de\ oi( *do/logkoi th\n i(rh\n o(do\n dia\ *fwke/wn te kai\ *boiwtw=n h)/isan kai/ sfeas w(s ou)dei\s e)ka/lee e)ktra/pontai e)p' *)aqhne/wn. Th. 6.53 katalamba/nousi th\n *salamini/an nau=n e)k tw=n *)aqhnw=n h(/kousan. 6, 60 w(s polloi/ te kai\ a)cio/logoi a)/nqrwpoi h)/dh e)n tw=| desmwthri/w| h)=san . ., e)ntau=qa a)napei/qetai ei(=s tw=n dedeme/nwn. 7, 83 o( d) a)pistw=n spe/ndetai i(ppe/a pe/myai skeyo/menon: w(s d) oi)xo/menos a)ph/ggeile pa/lin paradedwko/tas, e)pikhrukeu/etai *guli/ppw| . . kai\ a)nalamba/nousi/ te ta\ o(/pla, kai\ oi( *surako/sioi ai)sqa/nontai kai\ e)paia/nisan. X. H. 2.4.2 *qrasu/boulos *fulh\n xwri/on katalamba/nei i)sxuro/n. 3 e)pigi/gnetai th=s nukto\s xiw\n pamplhqh/s. 4 gignw/skontes o(/ti kai\ e)k tw=n a)grw=n lehlath/soien, ei) mh/ tis fulakh\ e)/soito, diape/mpousin. 5 *qrasu/boulos katabai/nei th=s nukto/s. 10 *qras. a)fiknei=tai th=s nukto\s ei)s to\n *peiraia=. 3. 3, 4 lhgou/shs th=s qusi/as e)nto\s pe/nq' h(merw=n katagoreu/ei tis pro\s tou\s e)fo/rous e)piboulh/n. An. 1. 7, 16 tau/thn de\ th\n ta/fron basileu\s me/gas poiei= a)nti\ e)ru/matos, e)peidh\ punqa/netai *ku=ron proselau/nonta. 1. 8, 1 kai\ h)/dh h)=n a)mfi\ a)gora\n plh/qousan . . h(ni/ka *pathgu/as a)nh\r *pe/rshs tw=n a)mfi\ *ku=ron pisto\s profai/netai. 4. 7, 10 e)/nqa dh\ *kalli/maxos mhxana=tai/ ti. 11 *)agasi/as w(s o(ra=| to\n *kalli/maxon a(\ e)poi/ei . . xwrei= au)to\s kai\ pare/rxetai pa/ntas. 12 *kalli/maxos w(s o(ra=| au)to\n pario/nta e)pilamba/netai au)tou= th=s i)/tuos: e)n de\ tou/tw| paraqei= au)tou\s *)aristw/numos . . kai\ ou(/tws e)ri/zontes ai(rou=si to\ xwri/on. 13 e)pilamba/netai w(s kwlu/swn: o( de\ au)to\n e)pispa=tai, kai\ a)mfo/teroi w)/|xonto . . fero/menoi kai\ a)pe/qanon. P. Lach. 184a kai\ e)peidh\ balo/ntos tino\s li/qw| para\ tou\s po/das au)tou= e)pi\ to\ kata/strwma a)fi/etai tou= do/ratos, to/t' h)/dh ou)ke/ti oi(=oi/ t' h)=san to\n ge/lwta kate/xein. Lys. 1.6 e)peidh\ de/ moi paidi/on gi/gnetai, e)pi/steuon h)/dh. 13, 5 e)peidh\ ga\r ai( nh=es ai( u(me/terai diefqa/rhsan kai\ ta\ pra/gmata e)n th=| po/lei a)sqene/stera e)gege/nhto, ou) pollw=| u(/steron a(/i te nh=es ai( *lakedaimoni/wn e)pi\ to\n *peiraia= a)fiknou=ntai kai\ a(/ma lo/goi pro\s *lakedaimoni/ous peri\ th=s ei)rh/nhs e)gi/gnonto. Dem. 32.5 f. ou(tosi/ d) w(s ou)de\n ei)dw\s a)/nw meta\ tw=n a)/llwn e)pibatw=n die/triben. yo/fou de\ genome/nou ai)sqa/nonta)i oi( e)n tw=| ploi/w| o(/ti kako/n ti e)n koi/lh| nhi\ gi/gnetai, kai\ bohqou=si ka/tw. w(s d) h(li/sketo o( *(hge/stratos kai\ di/khn dw/sein u(pe/labe, feu/gei kai\ diwko/menos r(i/ptei au(to\n ei)s th\n qa/lattan, diamartw\n de\ tou= le/mbou a)pepni/gh. Lycurg. 113 kai\ yhfi/zetai o( dh=mos. S. Ai. 288 labw\n | e)mai/et' e)/gxos e)co/dous e(/rpein kena/s. ka)gw\ )piplh/ssw kai\ le/gw. 306 ff. e)/mfrwn mo/lis pws cu\n xro/nw| kaqi/statai: | kai\ plh=res a)/ths w(s diopteu/ei ste/gos, | pai/sas ka/ra )qw/u+cen. Ant. 254 o(/pws d) o( prw=tos h(mi\n h(merosko/pos | dei/knusi, pa=si qau=ma dusxere\s parh=n. 269 te/los d) o(/t' ou)de\n h)=n e)reunw=sin ple/on, | le/gei tis. Vgl. 419—431. 1207—1211. 1226 f. 1233. 1237 f. El. 99. Tr. 21. OR. 780. 787. 798. 807 ff. Auch im Dialog, wenn eine Person sich lebhaft in die von der anderen geschilderte Situation versetzt, z. B. S. OR. 1025 su\ d) e)mpolh/sas h)\ tuxw/n m) au)tw=| di/dws; 1031 ti/ d) a)/lgos i)/sxont' e)n kakoi=s me lamba/neis; Vgl. 1173. Auffallender in Beispielen wie Eur. Hec. 1134 h)=n tis *priamidw=n new/tatos | *polu/dwros, *(eka/bhs pai=s, o(\n e)k *troi/as e)moi\ | path\r di/dwsi *pri/amos e)n do/mois tre/fein. Suppl. 640 *kapane/ws ga\r h)=n la/tris, | o(\n *zeu\s keraunw=| purpo/lw| kataiqaloi=. S. El. 425 toiau=ta/ tou paro/ntos, h(ni/x' *(hli/w| | dei/knusi tou)=nar, e)/kluon e)chgoume/nou. Eur. M. 955 kekthme/nh te ko/smon, o(/n poq' *(/hlios | patro\s path\r di/dwsin e)kgo/noisin oi(=s. Hec. 963 tugxa/nw ga\r e)n me/sois *qrh/|khs o(/rois | a)pw/n, o(/t' h)=lqes deu=ro u. a. (Aber Stellen wie S. Ant. 1174 kai\ ti/s foneu/ei; wer ist der Mörder? gehören nicht hierher; vgl. Nr. 4.) An den Chronikenstil erinnern Ausdrucksweisen wie Hdt. 6.71 kai/ oi( gi/netai pai=s *zeuci/dhmos: ou(=tos o( *z. ou)k e)basi/leuse *spa/rths: pro\ *leutuxi/dew ga\r teleuta=|. *leutuxi/dhs de\ game/ei deute/rhn gunai=ka sqq. 5, 41 xro/nou de\ ou) pollou= dielqo/ntos h( e)su/steron e)pelqou=sa gunh\ ti/ktei to\n dh\ *kleome/nea tou=ton . . h( de\ w(s e)/teke *dwrie/a, i)qe/ws i)/sxei *lewni/dhn. X. An. 1. 1, 1 *darei/ou kai\ *parusa/tidos gi/gnontai pai=des du/o. Hell. 1. 1, 37 kai\ o( e)niauto\s e)/lhgen, e)n w(=| *karxhdo/nioi ai(rou=sin e)n trisi\ mhsi\ du/o po/leis *(ellhni/das u. a. — Dem Epos ist das Praes. historicum fremd; in den Homerischen Gesängen findet sich kaum eine Spur davon (h, 104 ist wahrscheinlich ein späteres Einschiebsel, und überdies sind die Präsentia anders zu erklären); ein Gleiches gilt von den Nibelungen.(Smyth 1883)

Anmerk. 1. Die Präsentia, mit denen Citate eingeleitet werden (*pla/twn le/gei, *(hro/dotos e)chgei=tai, *(/omhros to\n *)axille/a e)painei= u. a.) gehören nicht hierher, sondern sind den unter Nr. 4 besprochenen Ausdrücken zu vergleichen. Das le/gein, e)chgei=sqai u. s. w. erstreckt sich auch auf die Gegenwart, insofern die citierten Schriftwerke noch existieren. — Über den Wechsel des historischen Präsens mit dem Imperfekt und dem Aorist in der Erzählung s. § 386, 6, über den Infinitiv des Präsens in der or. obliqua s. § 389, 4.

Das Präsens wird oft von Handlungen gebraucht, die der Vergangenheit und der Gegenwart zugleich angehören, insofern sie von früher her bis in die Zeit des Sprechens fortdauern. So erscheint es in Verbindung mit den Zeitadverbien pa/ros ep., pa/lai, a)/rti, a)rti/ws. Wir übersetzen dann oft pa/ros mit sonst, pa/lai mit von jeher, längst. Übrigens erstreckt sich dieser Gebrauch nicht bloss auf den Indikativ, sondern auch auf die übrigen Formen des Präsens. h, 201 ai)ei\ ga\r to\ pa/ros ge qeoi\ fai/nontai e)nargei=s | h(mi=n, eu)=t' e)/rdwmen a)gakleita\s e(kato/mbas, wie sie uns früher deutlich erschienen sind, so erscheinen sie uns noch immer, so oft wir ihnen Opfer darbringen. *m, 346 w(=de ga\r e)/brisan *luki/wn a)goi/, oi(\ to\ pa/ros per | zaxrhei=s tele/qousi kata\ kratera\s u(smi/nas, wie früher, so auch jetzt. Vgl. q, 36. Negativ mit einem Gegensatze: *s, 386 ti/pte . . i(ka/neis h(me/teron dw=; | . . pa/ros ge me\n ou)/ti qami/zeis, jetzt kommst du in mein Haus und besuchst mich, da du doch früher mich nicht besucht hast (= sonst nicht besuchst). i, 447 krie\ pe/pon, ti/ moi w(=de dia\ spe/os e)/ssuo mh/lwn | u(/statos; ou)/ti pa/ros ge leleimme/nos e)/rxeai oi)w=n. Vgl. *a, 553. d, 811. S. OR. 289 pa/lai de\ mh\ parw\n qauma/zetai (= pa/lai e)qauma/zeto, kai\ nu=n e)/ti qauma/zetai) schon längst wundere ich mich. Ai. 20 i)xneu/w pa/lai. Eur. Rh. 322 a)ll' ou)de\n au)tw=n (tw=n fi/lwn) deo/meq), oi(/tines pa/lai | mh\ cumponou=sin, h(ni/k' . . *)/arhs | e)/qraue lai/fh th=sde gh=s. r, 366 pa/ntose xei=r' o)re/gwn, w(s ei) ptwxo\s pa/lai ei)/h. Dem. 20.141 megi/stas di/dote e)k panto\s tou= xro/nou dwrea\s toi=s tou\s gumnikou\s nikw=sin a)gw=nas, ihr gebt von jeher, d. i. ihr habt immer gegeben und gebt auch noch. Th. 1.41 fi/lon h(gou=ntai to\n u(pourgou=nta, h)\n kai\ pro/teron (von früher her) e)xqro\s h)=|.(Smyth 1885)

Das Präsens bezeichnet Handlungen, die zwar der Vergangenheit angehören, aber in ihren Wirkungen noch im Augenblicke des Sprechens fortdauern:

a) bei den Verben der Wahrnehmung und des Sagens, als: a)kou/w (poet. klu/w), punqa/nomai, ai)sqa/nomai, gignw/skw, manqa/nw, le/gw u. dergl., wie im Lat. audio, video u. a. und im Deutschen höre, sehe, erfahre, bemerke. Der Inhalt der früheren Wahrnehmung u. s. w. schwebt dem Redenden im Augenblicke des Sprechens noch vor. *w, 543 kai\ se/, ge/ron, to\ pri\n me\n a)kou/omen o)/lbion ei)=nai. S. Ph. 261 o(/d' ei)/m' e)gw/ soi kei=nos, o(\n klu/eis i)/sws | tw=n *(hraklei/wn o)/nta despo/thn o(/plwn