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515. A. Beiordnung.

Solange der Mensch auf der untersten Stufe seiner geistigen Entwickelung steht, spricht er seine Gedanken in einzelnen Sätzen nach einander aus, unbekümmert den inneren Zusammenhang und die wechselseitige Beziehung der Gedanken auch äusserlich in der Form darzustellen. Sowie aber mit dem weiteren Fortschreiten des geistigen Lebens dem Menschen der innere Zusammenhang seiner Gedanken klarer vor die Seele tritt, so fühlt er das Bedürfnis, denselben auch in der Rede zu bezeichnen. Die Sprache prägt daher Gebilde aus, welche die Verbindung der dem Inhalte nach zusammengehörigen und die Einheit des Gedankens darstellenden Sätze ausdrücken. Die Grammatik nennt diese Gebilde Konjunktionen (σύνδεσμοι).

Die Verbindungsweise der Sätze bestand jedoch anfänglich nur in Aneinanderreihung und Nebeneinanderstellung der Sätze, indem die vorher ohne alles Band neben einander stehenden Sätze, als: πατρὸς Κῦρος λέγεται γενέσθαι Καμβύσεω, Περσῶν βασιλέως: Καμβύσης οὗτος τοῦ Περσειδῶν γένους ἦν: οἱ Περσεῖδαι ἀπὸ Περσέως κληίζονται, jetzt mittelst der Konjunktionen enger zusammengehalten wurden, als: πατρὸς μὲν δὴ Κῦρος λέγεται γενέσθαι Καμβύσεω, Περσῶν βασιλέως: δὲ Καμβύσης οὗτος τοῦ Περσειδῶν γένους ἦν: οἱ δὲ Περσεῖδαι ἀπὸ Περσέως κληίζονται X. C. 1.2.1. So einfach diese Verbindungsweise ursprünglich gewesen sein mag, so entwickelte sie sich doch, je mehr der Mensch das Verhältnis der Gedanken zu einander zu prüfen und abzuwägen lernte, zu einer grossen Feinheit, Bestimmtheit und Mannigfaltigkeit.

Aber auch hier konnte der immer weiter forschende, immer tiefer in das Reich der Gedanken eindringende und nach Klarheit strebende Geist nicht stehen bleiben. Es konnte ihm nicht verborgen bleiben, dass er zur Vollendung seiner Sprache noch Eines Schrittes bedurfte. Er musste erkennen, dass die innerlich verbundenen Sätze sich entweder so zu einander verhalten, dass sie zwar die Einheit eines Gedankens darstellen, ein jeder jedoch gewissermassen selbständig und unabhängig neben dem anderen besteht, als: Sokrates war sehr weise, und Platon war sehr weise; oder so, dass sie gänzlich in einander verschlungen sind, indem der eine dem anderen inhäriert oder von ihm abhängt und von diesem gleichsam getragen wird, der eine den anderen ergänzt oder näher bestimmt, der eine als ein unselbständiges und abhängiges Glied des anderen hervortritt. Zur Unterscheidung dieses Verhältnisses von jenem bildete sich nun in der Sprache eine neue Verbindungsform, durch welche der ergänzende oder bestimmende Satz als ein blosser Begriff, als ein blosses Satzglied (Substantiv, Adjektiv, Adverb, s. § 547, 5) des anderen Satzes dargestellt wurde, indem zur Bezeichnung dieser Verbindung besondere Konjunktionen ausgeprägt wurden, als: ὅτε τὸ ἔαρ ἦλθε, τὰ δένδρα θάλλει.

Die erstere Verbindungsart nennen wir Beiordnung (Koordination oder Parataxe) und die dazu gehörigen Konjunktionen, als: καί, τέ, δέ u. s. f., beiordnende Konjunktionen oder Bindewörter; die letztere Verbindungsform Unterordnung (Subordination oder Hypotaxe) und die dazu gehörigen Konjunktionen, als: ὅτε, ὅτι, ὡς, εἰ, unterordnende Konjunktionen oder Fügewörter. Die Bindewörter sowohl als die Fügewörter dienen eigentlich nur zur Verbindung ganzer Sätze; wenn aber mehrere Sätze einzelne Glieder gemeinschaftlich haben, so werden die gemeinschaftlichen Glieder in der Regel nur einmal ausgedrückt. Hierdurch werden die Sätze in Einen zusammengezogen, als: Σωκράτης ἦν σοφὸς καὶ Σ. ἦν ἀγαθός = Σ. ἦν σοφὸς καὶ ἀγαθός. Σ. ἦν σοφὸς καὶ Πλάτων ἦν σοφός = Σ. καὶ Πλ. ἦσαν σοφοί. Σ. σοφὸς ἦν κ. ἀγ. καὶ Πλ. σοφ. ἦν κ. ἀγ. = Σ. καὶ Πλ. ἦσαν σοφοὶ καὶ ἀγαθοί.

Nach der grammatischen Form der Verbindung sind alle beigeordneten Sätze einander gleich: sie werden sämtlich als grammatische Hauptsätze betrachtet; nach ihrem Inhalte aber, nach dem inneren (logischen) Verhältnisse können sie auch verschieden sein. Denn jeder Gedanke, der seinem Inhalte nach einem anderen Gedanken inhäriert und ein ergänzendes Glied desselben ausmacht, kann in einem beigeordneten Satze ausgesprochen werden, wie dies anfänglich immer geschehen ist, als: ἡμέρα ἐγεγόνει καὶ οἱ πολέμιοι ἀπεχώρησαν.(Smyth 2159)

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