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[*] 36.
Die Sanskritgrammatik lehrt eine zweifache Steigerung
der kurzen Vokale,
wodurch dieselben zu langen Vokalen bezw.
zu Doppellauten werden;
der eine,
niedere Grad der Steigerung wird Guṇ
a,
der andere,
hö
here wird Vriddhi (
Vṛ
ddhi)
genannt.
Guṇ
a ist der
Vorschlag eines kurzen a vor ĭ ī, ŭ ū,
ṛ [
rmacr ][
null ],
wodurch aus diesen Vokalen ē (
eig.
ă
i), ō (
eig. ă
u),
ar entsteht;
Vriddhi ist die
Steigerung von ă
zu ā,
von i ī
zu ai (
d.
i.
ā
i),
von u ū
zu au (
d.
i. ā
u),
von ṛ
[
rmacr ][
null ]
zu ā
r;
es wird also (
abgesehen von dem Falle des
ă ā)
ein ā
vorgeschlagen.
Diese Erscheinungen sind in
der Flexion und Wortbildung des Sanskrit ausserordentlich weitgreifend.
Im Griechischen zeigt sich wenigstens die dem Guṇ
a
analoge Erscheinung ebenfalls in bedeutendem Umfange,
und es ä
ndert an
dieser Analogie nichts,
wenn man heutzutage geneigt ist,
die gunierte Form als
Grundform und die andere als deren Verkü
rzung anzusehen,
also
z.
B.
nicht mehr von einer Wurzel ῥυ,
sondern von
einer Wurzel ῥευ zu sprechen.
2)
Der Begriff Wurzel ist
ü
berhaupt ein Hilfsmittel grammatischer Erklä
rung,
mit nichten
etwas aus empirischer Beobachtung Festgestelltes.
Da nun im Griechischen dem
indischen a die drei Vokale α, ε, ο entsprechen,
so
besteht im Griechischen die Steigerung darin,
dass einem wurzelhaften ι oder υ die Vokale
α, ε, oder ο
vortreten und mit dem ι oder υ zu einem Diphthongen verschmelzen.
Also a)
α +
ι,
z.
B.
αἴθ-ω,
brenne,
αἶθ-ος,
Brand,
αἴθ-ων,
brennend,
αἰθ-ήρ, Ä
ther,
αἴθ-ρα,
heitere Luft, [
root ]
ἰθ,
sk.
idh,
indh-ê (
zü
nde an),
idh-
mas, ê
dh-
as (
Brennholz);
b)
ε +
ι u.
ο +
ι,
als:
λείπ-ω, λέ-λοιπ-α, λοιπ-ός, [
root ]
λιπ (
λιπ-εῖν),
πείθ-ω, πειθ-ώ, πέ-ποιθ-α, [
root ]
πιθ (
πιθέσθαι),
εἶδ-ος, οἶδ-α, [
root ]
ἰδ (
ἰδ-εῖν),
ἐρείκ-ω (
ἐρικ-εῖν),
ἐρείπ-ω (
ἐριπ-εῖν),
λείβ-ειν (
λιβ-άς),
δέ-δοι-κα, [
root ]
δι (
δέ-δι-μεν),
στείχ-ω, στοῖχ-ος, [
root ]
στιχ (
στιχ-εῖν); —
c)
α +
υ, ε +
υ, ο +
υ,
als:
αὕω,
dö
rre,
sk. [
root ] ç
ush f.
sush,
εὕ-ω,
senge,
sk. [
root ]
ush,
ô
sh-â
mi (
st.
aus-â
mi),
l.
uro,
us-
tor,
λευκός [
root ]
λυκ,
vgl.
λύχνος,
l.
lū
x,
lū
c-
eo,
κραυγ-ή,
sk.
kru[cnull ] (
kruk),
krô[
cnull ]-
as (
Schrei);
φεύγ-ω,
πέ-φευγ-α, [
root ]
φυγ (
φυγ-εῖν, φυγ-ή),
ζεύγ-νυμι, [
root ]
ζυγ (
ζυγ-ῆναι, ζυγ-όν),
ψεύδ-ω,
ψεῦδ-ος, [
root ]
ψυδ (
ψυδ-ρός),
σπεύδ-ω,
σπουδ-ή, [
root ]
σπυδ, ἐ-ρεύθ-ω,
[
root ]
ῥυθ (
ἐ-ρυθ-ρός),
ἐλευθ- in ἐλεύ(
θ)
σομαι,
Hom.
εἰλήλουθ-α,
[
root ]
ἐλυθ in ἤλυθον.
Die Steigerung ου kommt selten
vor;
gewö
hnlich wird dafü
r ευ
gebraucht.
Anmerk. 1.
Die Steigerungen αι und αυ mü
ssen im
Griechischen bald erstarrt sein,
da dasselbe keine Wurzeln mit einfachem ι oder υ daneben
aufzuweisen hat.
Aber auch sonst fehlt bisweilen die Wurzel und kann nur nach
Analogie anderer Wö
rter angenommen werden,
als:
σπυδ zu σπεύ-δω, σπουδ-ή.
Der ṛ-
Vokal des Sanskrit fehlt im Griechischen;
indes
zeigt sich eine Analogie zu der sk.
Steigerung des ṛ
in ar auch hier:
ρα (
αρ)
kurzer
Stamm,
ερ (
ρε)
gesteigerter,
oder nach anderer Auffassung:
ερ
(
ρε)
starker Stamm,
ρα (
αρ)
schwacher.
Wie ἔλιπον und λείπω,
ἔφυγον und φεύγω verhalten sich
ἔδρακον und δέρκομαι,
ἔπραθον und πέρθω;
jene Formen zeigen
einen kurzsilbigen Stamm,
diese einen langsilbigen.
Aber schon in den Aoristen
ἥμαρτον (ä
ol.
ἄμβροτον,
mit ο fü
r α),
ἐτάρπην (
nb.
ἐτράπην)
zu τέρπω,
in
den Prä
sentia τρέπω, τρέφω u.
s.
w. (
Aor.
ἔτραπον, ἔτραφον)
ist diese Analogie
gestö
rt,
indem entweder der Aorist lange,
oder das Prä
sens kurze
Stammsilbe hat;
auch lautet dialektisch das Prä
sens mit α τράπω, τράφω.
Die
Neueren3)
lehren
ferner einen schwachen vokallosen Stamm gegenü
ber einem starken mit
ε:
πτ schwach,
ἐπτόμην, πετ stark,
πέτομαι,
so ἔσχον zu ἔχω, ἑσπόμην zu ἕπομαι,
πί-πτ-ω St.
πετ, ἔπε-φν-ον St.
φεν u.
s.
w.
Indes zeigt sich schon an diesen
Beispielen,
wie wenig feste Regel und einheitlicher Grund in allen
diesen Spracherscheinungen ist.
Denn nach Analogie von ἐπτόμην mü
sste es nicht ἔπετον (
ἔπεσον)
von πίπτω heissen,
sondern ἔπτον;
γί-γν-ομαι hat den angeblich kurzen Stamm γν im Aorist keineswegs,
sondern es heisst ἐγενόμην und auch in der poetischen Verkü
rzung nicht
ἔ-γν-ετο,
sondern ἔ-γεν-το.
Wir werden diese Vokalausstossungen in der Lehre von der
Synkope (§ 43)
behandeln,
und wollen hier nur noch hervorheben,
dass
ἔσχον, ἐπτόμην u.
s.
w.
sich auch auf dem Wege
der Metathesis erklä
ren lassen,
indem thatsä
chlich die Wurzeln
πετ, σεχ als πτε
(
πτε-ρόν, πτήσομαι)
oder πτα (
ἔπτατο, ἔπτη),
σχε (
σχήσω, σχῆμα, σχές
wie ἕς, θές)
erscheinen.
Im Sanskrit ist von
einem derartigen Bildungsgesetze vollends wenig Spur vorhanden;
denn die Wurzel as
(
gr.
ἐς,
Vb.
substant.)
ist am wenigsten von allen
geeignet,
zum Belege allgemeiner Spracherscheinungen zu dienen,
und die Flexion
asmi,
asi,
asti (
stark),
smas,
stha,
santi berechtigt nicht,
dem Griechischen
ursprü
ngliche Plural-
und Dualformen von εἰμί ohne anlautendes ε
aufzunö
tigen.
Dagegen zeigt sich im
Griechischen weitverbreitet eine zwiefache Gestaltung der Wurzel in Bezug auf den
Nasallaut:
stark εν (
ον),
schwach α;
dazu (
seltener)
stark
ι^ν,
schwach ι^,
stark υ^ν,
schwach υ.
So in mehreren epischen Perfekten:
γέγον-α,
Du.
γεγά-την,
Plur.
γεγά-ασι, εν auch im Subst.
τὸ
μένος;
so μέμον-α, μεμά-ασι, μένος;
ferner τείνω St.
τεν,
Aor.
Pass.
ἐτα?́-θην,
Pf.
Pass.
τέτα^-μαι,
Adj.
verb.
τα^-τός;
mit ι κλίνω St.
κλι^ν, ἐκλι?́θην (
doch auch ἐκλίνθην)
κέκλι^μαι;
analog κρίνω, πλύνω;
mit folgendem Konson.
παθεῖν, πείσομαι d.
i.
πέν(
θ)
σομαι, πέπονθα; λαχεῖν,
λέλογχα u.
a.
m.
Aber auch hier ist weniger Folgerichtigkeit,
als es nach
diesen Beispielen scheinen kö
nnte.
Der Stamm γεν,
als stark erscheinend in γένος,
erscheint als schwacher Stamm in ἐγενόμην,
wofü
r sich freilich ἐγαόμην nicht gut
bilden liess.
Nur vor (
ursprü
nglich)
konsonantischer Endung findet der
Verlust des stammauslautenden ν statt;
daher auch
von κτείνω (
Aor.
Pass.
κτάμενος)
Aor.
Akt.
ἔκτανον,
kretisch sogar mit ε ἔσκενον.
Ferner zeigt sich
das α hä
ufig auch da,
wo starker Stamm
erwartet werden mü
sste:
πάθος (
nb.
πένθος),
βάθος
(
nb.
βένθος);
vgl. ü
ber parallele Geltung
von εν (
αν)
und
α^ § 68, 4.
Ü
ber die Dehnung von α^ zu α_ u.
s.
w.
s. § 37, 2, § 38.
(Smyth 27)