previous next


VI. Sogenannte Procliticae.

Procliticae nannte G. Hermann,1) im Gegensatze zu den Encliticae, diejenigen einsilbigen Wörter, welche durch engen Anschluss an das folgende Wort, wie die Encliticae an das vorhergehende, ihren Ton verloren zu haben scheinen; sie werden nämlich üblichermassen ohne jeden Accent geschrieben. In der That aber sollten sie den Gravis haben, und nur darum ist es (in byzantinischer Zeit) aufgekommen, denselben bei ihnen nicht zu setzen, weil sie bereits einen Spiritus trugen, mit dem der Gravis sich schlecht verband,2) und damit von anderen, sonst (abgesehen etwa vom Spiritus) gleichlautenden Wörtern unterschieden werde. Die alten Grammatiker, wie Herodian und seine Excerptoren, wissen von diesen Unterscheidungen nichts, sondern betrachten die betr. Wörtchen sämtlich als Oxytona; ja Aristoteles (s. § 85, Anm. 2) lässt οὔ sogar im Zusammenhang der Rede hochbetont sein. Es sind folgende:

a) die vokalisch anlautenden Formen des Artikels: , , οἱ, αἱ (zum Unterschiede von den gleichlautenden Formen des Relativs);

b) die Negation οὐ (οὐκ, οὐχ), wegen οὗ;

c) die Präpositionen ἐν, εἰς (ἐς), ἐκ (ἐξ), wegen ἕν, εἴς (= εἶ, ἐσσί), εἶς, ἕξ;

d) die Konjunktionen ὡς, wie, dass, damit, da, εἰ (poet. αἰ), wegen ὥς so, εἶ du bist.

Anmerk. Ein anderer, gleichfalls neuerer Name für diese Wörtchen ist Atona, tonlose. — Auch wenn mehrere Procliticae auf einander folgen, werden sie nicht betont, als: οὐχ ὡς ἐν τῇ γῇ.

Sie erhalten aber üblichermassen ihren Ton wieder, wenn sie selbständig auftreten. Dieses geschieht in folgenden Fällen:

a) Wenn der Artikel die Bedeutung eines Demonstrativs hat, als: Il. a, 193 ἕως ταῦθ᾽ ὥρμαινε κατὰ φρένα;3) aber μέν δέ, οἱ μένοἱ δέ, weil in dieser Verbindung der Artikel mit μέν und δέ gleichsam zu Einem Worte verschmolzen ist (Andere indes μὲν δὲ); b) über οὔ s. § 72, 4; c) über die betonten Präpositionen s. § 86, 2; d) über ὥς, wie, s. § 86, 7; e) wenn dieProcliticaeals selbständige Wörter angeführt werden, als: ἔκ πρόθεσις, τὸ εἴ ὀξύνεται, οὐκ ἀναστρέφεται ἔξ (§ 85, A. 1); f) wenn auf eineProklitikaeine Enklitika folgt, so wird jene betont, als: ἔν τινι; eine Ausnahme findet bei εἰμί, ἐστί statt, s. § 90, 2.

Auch in der § 85, 4 über die Elision bei Präpositionen und Konjugationen gegebenen Regel, wonach κατ᾽ ἐμοῦ, οὐδ᾽ αὐτός u. dgl. geschrieben wird, zeigt sich eine ähnlicheproklitischeNatur der betr. Wörter. Dass zwischen κατὰ φέροντος und καταφέροντος im Sprechen ein Unterschied nicht sei, sagt auch Apollonios (Synt. IV, c. 1); er war auch nicht bei der vollständigen Accentsetzung: κὰτὰ φέρ., κὰτὰφέρ.; aber diese Accentuation, die nichts als hoch- und tieftonige Silben unterschied, betonte wie κὰτὰ φέρ. auch ἂνδρὸς φέρὸντὸς, und doch wird dies beides kaum wirklich im Tone gleich gewesen sein. Man kann auch weitergehen und fragen, ob die Griechen, die τοῦ ἀνδρός zu τὰνδρός werden liessen, τοῦ φίλοὺ und nicht vielmehr τοὺφίλοὺ gesagt haben, trotzdem dass die Grammatiker das τοῦ stets cirkurmflektierten, weil es an und für sich Perispomenon war. Aber über dergleichen lässt sich in Ermangelung von Zeugnissen nichts genaueres feststellen.4(Smyth 179)

1 S. Hermann de emend. rat. Gr. gr., p. 96 sqq.; Göttling a. a. O. 387 ff. K. E. A. Schmidt, Btr. z. Gesch. d. Gr. 193 ff.

2 Wackernagel, Kuhns Zeitschr. XXVIII, 137.

3 S. Reiz de pros. Graec. acc. incl. p. 5.; Spitzner ad Il. α, 9.

4 Wackernagel a. a. O. 136 f. erörtert die beiden von vornherein möglichen Systeme und das byz. Mischsystem.

hide Display Preferences
Greek Display:
Arabic Display:
View by Default:
Browse Bar: