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Bemerkungen über die Quantität in der Dichtersprache.

Im Verse tritt Positionslänge auch bei zwei auf einander folgenden Wörtern ein, als: Διὸ̂ς δ̓ ἐτελείετο βουλή, Κίλλαν τε̂ ζαθέην, ἀνὰ̂ στρατόν. Der gesamte Vers wird als lautliche Einheit betrachtet, auf welche die obigen Regeln (§ 74, 1) durchgängig Anwendung finden. Die epischen Dichter jedoch lassen, wiewohl nur selten, einen auslautenden kurzen Vokal vor ζ (= σδ) und σκ kurz bei Wörtern, welche die erste Silbe kurz, die zweite lang haben und daher bei bewahrter Positionslänge dem Versmasse widerstreben würden. Il. b, 634 οἵ τε^ Ζα?́κυνθον ἔχον. 824 οἳ δε?̀ Ζέλειαν ἔναιον. d, 103 εἰς ἄστυ^ Ζελείης. Od. ι, 24 und Hymn. Ap. Pyth. 251 ὑλήεσσα^ Ζα?́κυνθος. Il. β, 465 ἐς πεδίον προχέοντο^ Σκα^μάνδριον. 467 ἐν λειμῶνι^ Σκαμανδρίῳ; f, 223 ταῦτα Σκάμανδρε, 305 οὐδε?̀ Σκάμανδρος. Od. e, 237 δῶκε δ̓ ἔπειτα^ σκέπαρνον. Hes. Op. 589 εἴη πετραίη τε^ σκι^ή (v. l. ohne τε, Flach, Bzz. Btr. II, 6, n.). Es lässt sich für die Aussprache hier Abwerfung des ς annehmen: Καμάνδριον ist bezeugte Lesung,1) und vgl. δάσκιος, δαφοινός neben ζα-. S. oben § 15, 4. Bei Pindar εἰμι?́: σκοτεινόν N. 7, 61 (bezweifelt von Bergk).

In betreff der schwachen Position (§ 74, 4) ist über den Gebrauch derselben in den verschiedenen Gattungen der Dichter Folgendes zu bemerken:

a) In der Homerischen Sprache2) ergiebt ein kurzer Vokal vor einer Muta mit einer Liquida in der Regel Länge, und diese besteht ohne weiteres selbst bei solchen Formen, welche durch das ν ἐφελκυστικὸν gewöhnliche Positionslänge bewirken könnten. Il. κ, 83 εὕδουσϊ βροτοί. b, 671 ἄγε̂ τρεῖς. 756 ἦρχε̂ Πρόθοος. Die Verkürzung einer solchen Silbe tritt bei Homer gemeiniglich nur dann ein, wenn ein Wort oder eine Wortform sich auf andere Weise dem Versmasse nicht gefügt hätte, also wenn der Anfang des Wortes einen Iambus bildet; nur selten ohne Verszwang aus blosser Bequemlichkeit. Am häufigsten wird die Positionslänge bei der Liquida ρ, die unter allen Konsonanten den Vokalen am Nächsten steht, vernachlässigt; dann bei der Liquida λ; niemals bei Homer bei den Nasalen ν und μ. Ferner findet sich die grosse Masse der Beispiele an einer von zwei Stellen des Verses, der 1. Kürze des II. und der 1. Kürze des V. Fusses.3)

a) κρ: Il. ν, 504 = p, 614 αἰχμὴ δ̓ Αἰνείαο^ κρα^δαινομένη. p, 767 τανύφλοιόν τε^ κρα?́νειαν. e, 83 Μοῖρα κρα^ταιή. r, 269 κορύθεσσι^ Κρονί̂ων. Od. c, 330 ἠε?̀ κρυ^φηδόν u. a. m. Ohne Not: Od. t, 122 δα^κρῦπλώειν. e, 488 ἐνε?́κρυψε. q, 92 κατα?̀ κρᾶτα. m, 99 δέ τε^ κρατί. y, 110 νῶι^ κε^κρυμ μένα. Il. u, 121 δοίη τε^ κρα?́τος. l, 697 εἵλετο^ κρῖνάμενος. Il. q, 479 Ἰαπετός τε^ Κρόνος τε (kann als Not gelten). — γρ kein Beispiel. — χρ selten: Il. y, 186 ῥοδόεντι δε?̀ χρῖεν ἐλαίῳ. w, 795 καὶ τά γε^ χρυσείην. Od. q, 353 οἴχοιτο χρέος καί. — πρ: besonders πρό u. πρός nebst den Derivatis und Kompositis. Il. r, 545 καταβᾶσα^: προῆκε. l, 136 κλαίοντε^ προσαυδήτην u. s. w. Ohne Not: Il. a, 97 οὐδ᾽ γε^ πρίν. t, 313 τέρπετο^ πρίν. Od. c, 334 ἀλλ᾽ ἐμε<*> πρίν. r, 597 ἐξολέσειε^ πρίν. Il. γ, 250 = η, 250 καὶ βάλε^ Πριαμίδαο. h, 112 Ἕκτορι^ Πριαμίδῃ, u. ö. b. Πριαμίδης. Od. g, 320 ὅντινα^ πρῶτον. r, 275 ἠὲ συ?̀ πρῶτος. y, 106 οὐδέ τι^ προσφάσθαι. — βρ: Il. m, 389 γυμνωθέντα^ βρα^χίονα. n, 521 πέπυστο^ βριήπυος; oft vor βροτῶν, βροτοῖσιν (Il. i, 545 παύροισι^ βροτοῖσιν), βροτούς (Il. ω, 464. Hes. Op. 487), βροτοῖο Il. y, 331, βροτοί Od. ι, 360, was zu vermeiden möglich war; öfter ἀμφι^βρότης; ᾿α^βροτάξομεν Il. k, 65. ᾿α^βρότη ξ, 78; vor βροτήσια Hes. Op. 773; βε^βροτωμένα Od. λ, 41. — φρ: b. Hom. nur Ἀφροδίτη (α^) (ebenso b. Hesiod Op. 65. Sc. 8), und ohne Not Od. ο, 444 ἐπι^φράσσετ̓ (Hymn. Ap. Pyth. 210 ᾿ε^φράζετο, Merc. 294 vor φρασσάμενος, Cer. 257 ᾿α^φράδμονες, wo Hermann emendiert; notw. Hes. Op. 655 προπε^φραδμένα?). — τρ: vor τράπεζα, τρίαινα, τριήκοντα, τραπείομεν (von τέρπω) Il. g, 441. ξ, 314, u. a. m.; in der Mitte des Wortes: Ἀμφι^τρύων, τε^τράκῦκλος. Ohne Not vor τρέμον Od. l, 527; τρέφει (e, 422. ν, 410), τροφοῦ t, 489; φαρε?́τρης Il. q, 323; Ὀτρυντεύς υ 383 f. (389?), also selten ohne Not inlautend, weshalb La Roche u. A. die Lesart Il. z, 479 εἴπῃσι πα^τρός verwerfen. — δρ: vor δρα?́κων Il. β, 308 und sonst; vor Δρυ?́ας a, 263. ζ, 130; in ἀμφι^δρυ^φής (-ος) Il. b, 700. l, 393; ᾿α^δροτῆτα? d. i. ἀνδροτῆτα π, 857 = x, 363; ω, 6; die Überlieferung hat überwiegend (mit Aristarch und Herodian) ἀνδροτῆτα, wobei die Verkürzung mit der in ἀβροτάξομεν ἀβρότη (= ἀμβρ.) zu vergleichen; diesen entsprechend würde die Schreibung ἀδρ. sein. Vgl. La Roche Hom. Unters. 8. Clemm, Rh. Mus. 32, 472 will δροτῆτα. Ohne Not Il. l, 69 τὰ δε?̀ δράγματα. y, 361 μεμνέῳτο^ δρόμου. — θρ: vor θρα^σειάων Il. λ, 553 und sonst; vor θρόνους, θρόνοις, θρόνοισιν Od. α, 145 und sonst (ohne Not vor θρόνος, θρόνοι, θρόνῳ Od. η, 95. Il. ο, 142 und sonst; vor Θρῃκῶν Il. ε, 462); in ἀλλο^θρόους Od. α, 183; ohne Not Ὄθρυος Hes. Th. 632 (ο^).

b) κλ: vor Κλεώνας Il. β, 570; vor κλυ?́δων Od. μ, 421; vor κλεηδόνι Od. υ, 120; vor κλι^θῆναι Od. α, 366; (ohne Not in προσε?́κλινε f, 138, ἐκλίθη [oder vor κλίθη] τ, 470); vor Κλυταιμνήστρη Il. α, 113; ohne Not vor κληΐδεσσιν Od. μ, 215; in Πάτροκλε ¯ ˘ ˘ nur Il. t, 287; τῆς δ̓ ἄρα^ κλαιούσης Od. υ, 92. — γλ nirgends. — χλ: Od. c, 529 ἀμφι?̀ δε?̀ χλαῖναν. κ, 234 und Hymn. Merc. 560 μέλι^ χλωρόν. — πλ: vor Πλάταιαν Il. β, 504, in τειχεσι^πλῆτα Il. ε, 31 und 455. Ohne Not in πρωτο?́πλοον Od. θ, 35, Od. l, 583 προσε?́πλαζε. (Il. c, 468 οὔδεϊ πλῆντ̓ wegen des Rhythmus, s. Spitzner; doch Bekker, La Roche οὔδει.) Il. ι, 482 und Od. δ, 127 ὅθι^ πλεῖστα. Il. d, 329 ο?̔ πλησίον; δὲ πλέον (oder mit Synizesis) Od. u, 355; δε?̀ πλέων (= πλείων) Il. κ, 252 (Synizesis nach Hartel); ἵκοιο^ πλέων Od. δ, 474 vgl. m, 70; θ, 35; Il. h, 88; ι, 360. — βλ nirgends, auch nicht φλ. — τλ: σχε^τλίη Il. 3, 414. Hymn. Cer. 344 ἐπ᾽ ᾿α^τλήτων von Ilgen in ἔτ᾽ ἄπλητον verbessert). — θλ nirgends (δλ existiert nicht).

c) κν: Hes. Op. 567 ἀκρο^κνέφαιος, τε?́κνον und ἐτε?́κνωσε frg. 95 Göttl. = 152. 153 Kr, doch τέκος und τέκνωσε Voss; b. Hom. nie; — niemals γν; denn Il. ω, 274 wird jetzt st. ἔγναμψαν richtig ἔκαμψαν gelesen. — χν nirgends. — πν: Hes. Th. 319 ἔτικτε^ πνέουσαν; b. Hom. nie; ebensowenig φν (βν existiert nicht); τν, δν, θν. — θμ nirgends, denn Od. k, 204 ἠρίθμεον mit Synizesis oder ἠρίθμευν; ganz unmöglich Od. h, 89 ἀργύρεοι δε?̀ στα^θμοί, wo man jetzt mit Barnes nach Mutmassung liest: σταθμοὶ δ̓ ἀργύρεοι. Ebensowenig δμ u. s. w.

Dem ionischen Epos schliesst sich auch die alte Elegie sowie der Iambus an; nur Theognis und Xenophanes gestatten sich Verkürzungen (bei ρ λ) in grösserer Zahl, während in ἀγρυπνέοντα, ἀφνεόν auch bei Theognis Synizesis anzunehmen ist.4) Auf das alexandrinische Epos hat naturgemäss die attische Messung Einfluss geübt, doch ist nicht nur bei Apollonius und Arat, sondern auch bei Kallimachus die Verlängerung bei weitem überwiegend; der späte Nonnos verkürzt fast nur bei ρ, und auch dies mit enger Begrenzung.5) Wie Homer auch die lesbischen Lyriker und Anakreon.

Die chorischen Lyriker lassen vor Muta c. Liq. häufiger Positionslänge eintreten, als sie dieselbe vernachlässigen; doch geschieht das Letztere öfter als in der Homerischen Sprache. Bei Pindar6) steht eine Kürze öfters vor γλ, was auch bei den attischen Dichtern (s. Nr. 4) nur sehr selten geschieht: P. 11, 27 (43) ἀλλοτρίαισι^ γλώσσαις. N. 5, 24 (43) ἑπτα?́γλωσσον. 7, 52 (77) παντι?̀ γλυκεῖα. — βλ: ε?̔́βλαστε N. 8, 7 (12). — φλ: P. 3, 12 (21) ἀπο^φλαυρίξαισα. N. 7, 23 (34) τυ^φλόν. — θλ: O. 2, 43 (78) ἀε?́θλοις. — κμ: O. 6, 73 (123) τε^κμαίρει. 7, 45 (83) ἀτε?́κμαρτα. 2, 63 (114) und P. 4, 64 (114) α?̓κμᾷ. — χν: O. 7, 35 (65) τε?́χναισι. — πν u. φν: O. 2, 72 (130) περι^πνέοισιν. 10

Kühners ausführl. Griech. Grammatik. I. T.

(11), 93 (111) vor πνεὑσαις. P. 9, 25 (44) ῞υ^πνον. Ol. 2, 42 (75) ἔπε^φνε. — τμ, δμ, θμ: P. 4, 18 (31) ἐρε^τμῶν. 8, 47 (67) Κα?́δμου. O. 10 (11), 45 (53) στα^θμᾶτο. — δν u. θν: P. 10, 72 (111) κε^δναί. O. 10 (11), 97 (118) ῎ε^θνος. Bei Simonides7) sind nach dem Muster der epischen Poesie die Beispiele der Positionslänge vollends überwiegend, etwa in dem Verhältnisse von 10 zu 1 oder 2.

Bei den attischen Tragikern8hingegen ist die Kürze vor Muta c. Liq. durchaus vorherrschend, als: Ἡρα^κλῆς immer (aber Ἡρᾶκλέους Eur. Herakl. 93. 123. Herc. f. 3), παρα?̀ κλαίουσι Eur. Cycl. 425, τυ^φλοῦ, σχε?́τλιος, τε?́κνον, δα?́κνει, τε?́χνη, πολύκα^πνος, ἄυ^πνος, δα?́φνη, φα?́τναις, τε^θνᾶσι, νεο^χμά, ἀρι^θμός. Aber bei der Media mit λ μ ν, also vor βλ, γλ, γν, γμ, δν, δμ, findet in der Regel Positionslänge statt; nur selten bleibt vor βλ und γλ der vorangehende Vokal kurz, als: S. OR. 717 παιδὸς δε?̀ βλάστας. El. 440 πασῶν ἔβλαστε. Ph. 1311. OC. 533 ἀπε?́βλαστον. Aesch. Suppl. 761 βυ?́βλου. Pers. 591 οὐδ᾽ ἔτι^ γλῶσσα. Ag. 1629 δε?̀ γλῶσσαν. Die Gruppen γμ γν δμ δν bewirken überall Positionslänge. Aber auch vor den Gruppen, welche in der Regel den vorangehenden Vokal kurz lassen, als: κρ, χρ, κλ, κν, πρ, βρ, φρ, τρ, δρ, kommt zuweilen Positionslänge vor, bei Euripides häufiger als bei Sophokles, bei diesem häufiger als bei Aeschylus. Eur. Iph. A. 497 εἰς δά̂κρυα. Iph. T. 51 ἐπῖκράνων. S. El. 366 κε̂κλῆσθαι. Eur. Andr. 2 πολῦχρύσῳ. Or. 12 ἐπέ̂κλωσεν. Troad. 995 κατᾶκλύσειν. Aesch. S. 143 θεο̂κλύτοις (Chor). 205 ἑλί̂τροχοι (Ch.). Öfter bei Soph. πᾶτρός. Eur. H. f. 969 φαρέ̂τραν. S. El. 1193 προ̂τρέπει. Eur. Ph. 586 ἀπό̂τροποι. S. OR. 2 ῞ε̂δρας; so auch bei Eur. πάρε̂δρος, ἔφε̂δρος, προσε̂δρία. Eur. Suppl. 293 τέ̂κνον. Nur sehr selten tritt im Senare Positionslänge am Ende des Wortes ein, als: Aesch. P. 782 Ξέρξης δ̓ ἐμὸς παῖς ὢν νέος νέᾶ φρονεῖ, wo Monk mit leichter Änderung φρονεῖ νέα; vgl. Porson. In den melischen Stellen aber findet sich dieser Fall öfter.9) Auch in Komposita, sowie bei Augment und Reduplikation sind die Beispiele der Verlängerung nicht zahlreich; hauptsächlich finden sie sich nur im Innern des unkomponierten Wortes. Auch dies ist zweifellos eine Anlehnung an den epischen Gebrauch; denn der attischen Aussprache war die Verkürzung entsprechend, und diese herrscht durchaus bei den Komikern, ausser in der Parodie tragischer Stellen. Doch lassen die Dichter der alten Komödie nicht nur γν, γμ, δν, δμ, sondern auch γλ, βλ stets die Silbe verlängern; die Dichter der mittleren und neueren Komödie folgen in dieser Hinsicht den Tragikern.10)

Anmerk. 1. Die Tragiker trugen auch kein Bedenken, sogar in einem und demselben Verse eine Silbe vor Muta c. Liq. bald kurz bald lang zu gebrauchen. Soph. Ant. 1240 κεῖται δὲ νε̂κρὸς περὶ νε^κρῷ. OC. 442 οἱ τοῦ πα^τρός, τῷ πᾶτρὶ δυνάμενοι.11

Anmerk. 2. Dass in dieser Behandlung von Mutae c. Liq. nicht die Willkür der Dichter massgebend gewesen ist, sondern die Sprache selbst, zeigt sich in der Reduplikation bezw. Augmentierung der mit diesen Verbindungen anfangenden Verben, s. § 200.

Anmerk. 3. In einigen wenigen Fällen wird auch bei Liquida c. liquida und bei ς c. liqu. die Position nicht als gültig betrachtet. S. Hephaestion p. 5 über μν, der aus Kratinos citiert: ἐπιλήσμοσι^ μνημονικοῖσιν, aus Epicharmos εὔυ^μνος, aus Kallimachos τως μὲν ο?̔ Μνησάρχειος. So auch Eur. I. A. 68 θυγατρι?́ μνηστήρων. 847 δεινα?́: μνηστεύω. Aesch. Ag. 990 υ?̔μνῳδεῖ. Inschr. Chios Röhl I. Gr. ant. 382 τόδε^ μνῆμα (Allen, Greek versific. in inscr. 79). — Ferner σλ in ἐσλός = ἐσθλός bei Pindar: Py. 3, 66 (116) ᾿ε^σλοῖσι und sonst, doch anderswo auch ἐ̂σλός. — Μπλ in ἀμπλακών ˘ ˘ ¯ (π ist euphonisch eingeschoben) § 343; vgl. ἀνδροτῆτα, ἀβροτάξομεν Homer.

Bei einigen Wörtern ist die Quantität in verschiedenen Mundarten oder Dichtungsarten und in verschiedenen Zeiten verschieden. Dahin gehören: die Komparative auf ίων, mit ι_ att., mit ι^ ep.-dor., s. § 122, Anm. 9; die Verba auf ίω, desgl., als κηκί̂ω att., κηκι?́ω Hom.; μηνί̂ω u. μηνι?́ω att., μηνι?́ω Hom., Misteli, Griechische Betonung 147 f.; auch ι?̔́ημι Hom., ἵ̂ημι meist att.; Verba auf ύω Hom. im allg. mit υ^, att. mehrenteils mit υ_, s. § 238. Ferner z. B. κᾶλός b. Hom. und den ihm folgenden Epikern; κα^λός bei den Lesbiern, Pindar, den Attikern, als: Soph. Tr. 27 und sonst; κᾶ^λός bei Theognis,12) s. Nr. 6; ἶσος b. Hom., so auch b. Hesiod, ausser Op. 752; ἴσος (ι^) b. Pind. und Att.;13) κορυ?́νη Hom., κορύ̂νη Att.; κορῦ?́νη Theokr. (7, 19 u. 43); τορυ?́νη Leonidas v. Tarent, τορύ̂νη Att., doch nach Schol. Ar. Av. 78 τορυ?́νη b. Eupolis (370 K.;14) πλήμμυ^ρις Od. i, 486, πλήμμῦρις Att.,15) φθά̂νω und κιχά̂νω Hom., φθα?́νω und κιγχα?́νω bei den Trag.; ὀϊζῦρός Hom., οἰζυ^ρός Aristoph., umgekehrt ἁλμυ^ρός Hom., Pind., ἁλμῦρός att. n. Hdn. I, 530. II, 15; φλύα^ρος, aber att. φλύᾶρος, Hdn. II, 927, u. s. w.16) Aber auch innerhalb derselben Mundart und bei demselben Dichter findet sich zuweilen dieser Wechsel, nicht nur bei Homer, bei dem die Prosodie vielfach noch wenig fest erscheint, sondern auch bei den Attikern, wie z. B. ἄϊε (α_) Eur. Hec. 173 und gleich darauf 175 ἀΐω (α^); φά̂ρη El. 317, φα?́ρη 543 u. s. w.17) Es sind dies indes solche Wörter, die nicht sowohl dem gewöhnlichen Gebrauch als der poetischen Sprache angehören. Hervorzuheben ist die Verschiedenheit zwischen klassischer und späterer Sprache bei vielen Wörtern auf -μα, namentlich zweisilbigen: λῦμα, φῦμα, θῦμα, (κλῖμα), κρῖμα klass., λύμα u. s. w. sp. Dichter; so auch πῶμα, ἔκπωμα att., πόμα (auch Pind.) ἔκπομα später. Lobeck, Phryn. 456 und Paral. 425. Cobet, N. L. 455. 494. 791. — Ein besonderer Fall im Att. ist ἄρα ἆρα (τοῦτ᾽ ἆρα Ar. Vesp. 839. οὐκ ἆρα Av. 91, u. s. w.).

In der epischen Sprache hat die Hebung die Kraft eine an sich kurze Silbe lang zu machen, und zwar a) zu Anfang des Wortes, b) in der Mitte, c) am Ende. Recht auffallend tritt dieser Quantitätswechsel hervor, wenn die Kürze und die Länge in ebendemselben Worte nebeneinander stehen, als: Il. e, 31 Ἄρες Ἄρες βροτολοιγέ. (Vgl. Theogn. 16 sq.: ἐς γάμον ἐλθοῦσαι, κᾶλὸν ἀείσατ᾽ ἔπος: Ὅττι κα^λὸν, φίλον ἐστί: τὸ δ̓ οὐ κα^λὸν οὐ φίλον ἐστίν. Theokr. 6, 19 τὰ μὴ κα^λὰ κᾶλὰ πέφανται. 8, 19 (σύριγγαλευκὸν καρὸν ἔχοισαν ἴσον κάτω ἶσον ἄνωθεν. S. El. 148 Ἴτυ^ν, αἰὲν Ἴτῦν ὀλοφύρεται.) Es ist übrigens keineswegs stets zu unterscheiden, was bei Homer Verlängerung ursprünglicher Kürze, und was (in der Senkung) Verkürzung ursprünglicher Länge ist; jedenfalls hat die Homerische Sprache eine ganz erstaunliche Freiheit, nach jeweiligem Bedürfnis lang oder kurz zu messen, und zwar bald so, dass dies in der Schrift hervortritt, bald so, dass die Schrift es nicht bezeichnen kann. Natürlich sind dabei oft auch die verschiedenen dialektischen Formen im Spiele, mit denen in aller Freiheit abgewechselt wird.

Sowie wir § 38 gesehen haben, dass der kurze Anlaut eines Wortes bei Homer häufig in einen langen verwandelt wird, als α^ in η, ε in ει, wenn das Wort ohne diese Dehnung sich dem Masse des Hexameters gar nicht oder nur mit Schwierigkeit fügen würde; ebenso werden auch häufig die drei ancipites α ι υ im Anfange des Wortes in der Hebung lang gebraucht, ohne dass dies in der Schrift hervorträte,18) als: ᾿ᾶθάνατος, ᾿ᾶκάματος (diese beiden Wörter auch nachmals von den Dichtern stets so gemessen), ᾿ᾶνέφελος, πᾶναπάλῳ Od. n, 223, ᾿ᾶπάλαμος Hes. Op. 20 (Pind. Ol. 1, 59), Δᾶναΐδης Sc. 229, ᾿ᾶνέρος, ᾿ᾶνέρι, ᾿ᾶνέρες, Harder, de α voc. 97 ff. (auch bei Pind. stets ἆνέρι, -ρα, -ρες, -ρων; öfters ἆνήρ, Peter, dial. Pind. 40), Ἄρεος (α_), so mit Ἄρηος, Ἄρες, Ἄρηι, Ἄρης, Ἆρες, Harder 73 f., ῎ᾶορι, φά̂εα, ἆμᾶν (v. Kobilinski de α ι υ voc. ap. Hom. [Königsb. 1882] p. 26, gegen Harder 69; Od. i, 35 ἀμῷεν mit α_ in der Senkung ist in ἀμόῳεν zu verbessern; ἆμῷς nach Homer auch Theognis 107), ᾿ᾶγοράασθε, ᾿ᾶπονέεσθαι, ᾿ᾶποδίωμαι, ᾿ᾶποπέσῃσι; ἷερός, Δῖογένης, Πρῖαμίδης, πῖέμεν, ῾ῖέμενος, (Φῖλυρίδα Pind. von Φι^λύρα); δῦνάμενος, θῦγατέρες, κῦάνεος, ῾ῦλακόμωροι.

Ziemlich oft werden die kurzen Vokale in der ersten Hebung des Verses lang ausgesprochen, als: Ἄρης (α_) Il. e, 594. Ἀπόλλωνι a, 36. τὰ περί f, 352. Ἄρες s. Nr. 6. ᾿ᾶείδῃ Od. ρ, 519 (Rzach St. z. Apoll. Rh. 16). δᾶΐζων Il. l, 497. ᾿ε̂πεί χ, 379 und sonst. ᾿ε̂πίτονος Od. m, 423. Ζε̂φυρίη Od. h, 119; ῎ῖομεν sehr oft. δῖά Il. g, 357. φί̂λε d, 155; Βο̂ρέης ι, 5 (besser Βορρῆς); λύ̂το w, 1. δρῦός Hes. Op. 436. — Aber auch in den übrigen Hebungen kommen solche Längen vor, z. B. im II. Fusse: ἄρσενες ὄ̂ϊες (Aristarch οἴιες, Fick οὔιες) Od. i, 425. οὐ μὰ γὰρ Ἀπόλλωνα Il. α, 86; im III. F. ῥοίζησεν δ̓ ἄρα πῖφαύσκων Il. κ, 502; im IV. ῎ῖμεναι υ, 365; im V. ῞ῦδωρ b, 307. ῎ᾶορ (fälschlich ἆορ geschrieben, s. § 79, 4) Hes. Sc. 221; im VI. oft: ᾿ᾶνήρ b, 553. p, 807. ὄφιν (v. l. ὄπφινm, 208, λύ̂ει Od. η, 74.

In der Mitte des Wortes findet erstens Länge in der Hebung aus Verszwang statt, wie im Anfange des Wortes, aber seltener, so in der II. Hebung: ἀφῖεῖσαι Od. η, 126 (kann als anlautend gerechnet werden). ποσσὶν ἐρῖδήσασθαι Il. ψ, 792; in der VI. [ἀμφίς ἐά̂γῃ Il. λ, 559 s. § 343], ἄλσο μεμᾶώς π, 754. (ὦρτο κονί̂η l, 151. χερσὶν ἀλύ̂ων Od. ι, 398, hier wie in ἐρητύ̂ειν Il. b, 75, ἐρητύ̂οντο wird Naturlänge sein, vgl. ἀλυίω äol., κόνῖς Attiker, v. Kobilinski 20 f.). Ferner in der Senkung, wenn eine Kürze (meistens ι^) zwischen zwei Längen steht, besonders bei den Subst. auf ιη im I., II., IV. F.:19) ἱστί̂η Od. τ, 304. ὑποδεξίη Il. i, 73. ὑπεροπλί̂ῃσι a, 205. προθυμί̂ῃσι b, 588. ἀτιμί̂ῃσι Od. ν, 142, so auch Xenophanes προεδρί̂η 2, 7, τυραννί̂η 3, 2; Inschr. Τλασί̂αϝο Korkyra, Δϝεινί̂α Korinth; τετρά̂κυκλοι Od. i, 242; ὀπωρῖνῷ (-νός) Il. ε, 5 und sonst, auch Hes. op. 677, während μετοπωρι^νόν das. 415; ferner Ἰφίτου Il. b, 518. Ἰλί̂ου o, 66. ἀνεψῖοῦ o, 554. ὁμοιί̂ου n, 358. Ἀσκληπῖοῦ b, 731; Αἰό̂λου Od. κ, 36;20) ἰλύ̂ος κεκαλυμμένα Il. φ, 318.

In betreff der Länge einer an sich kurzen Silbe am Ende des Wortes betrachten wir zuerst die in der Hebung stehenden auf einen Konsonanten auslautenden Silben.21) Diese Länge wird durch die Cäsuren, insbesondere in Verbindung mit der Interpunktion und Sinnespause, bewirkt. Die stärkste Cäsur, die männliche des III. Fusses, begünstigt am Meisten die Längung; daher ist auch dieser Fall der häufigste, als: Il. b, 228 πρωτίστῳ δίδομε̂ν, εὖτ᾽ ἄν. 539 οἵ τε Κάρυστον ἔχο̂ν ἠδ᾽ οἳ. g, 35 ἂψ δ̓ ἀνεχώρησε̂ν, ὦχρος. d, 76 ναύτῃσι τέρᾶς ἠέ. Ganz vereinzelt sind die Fälle der Längung in der männlichen Cäsur des V. F. nach der männlichen Cäsur des IV. F., wie Il. s, 288 πρὶν μὲν γὰρ Πριάμοιο πόλιν | μέροπε̂ς | ἄνθρωποι. φ, 23, und in der durchaus schwachen männlichen Cäsur des I. F., wie Il. x, 236 ῞ο̂ς ἔτλης. ω, 154.

Anmerk. 4. Einige auf einen Konsonanten auslautende Endungen sind bei Homer mittelzeitig (ancipites)22) und können daher bald kurz bald lang gebraucht werden; in der Hebung ist die Länge natürlich; nämlich: a) πρίν (gortyn. Tafeln einmal πρείν nb. sonstigem πρίν), das oft kurz gebraucht wird, wie Il. β, 344, lang aber auch in der Senkung, als: Il. z, 81. i, 403. π, 322 und sonst (πρίν γ̓ wollen Heyne, Nauck, v. Kobilinski 30 f., was auch oft überliefert ist, als Il. p, 840. ε, 288, womit ähnlich πρί̂ν φ, 340, u. s. w.); ferner πάλῖν κ, 281; b) ὄρνις kurz Il. ω, 219, so auch Apollon. Rh. I, 305, lang Il. μ, 218; c) die Wörter auf ις, G. ιδος (ιος), als: βλοσυρῶπις kommt nur einmal vor, Il. λ, 36, und zwar lang in der IV. Senkung; dagegen γλαυκῶπις sehr oft kurz; aber κληΐς nur lang; Akk. ἦνιν lang in der IV. Senkung Il. κ, 292. Od. γ, 382; das auslautende ι im Vok. ist lang in der Thesis in βοῶπῖ Il. q, 471. o, 49. ς 357, kurz in Γλαυκῶπι θ, 420; aber βοῶπις (γλαυκῶπις) ist andere Lesart; ferner findet sich mit πόλις Il. z, 152; p, 69, πόλιν p, 57; b, 329; μῆτιν β, 169. 407 und öfter, u. a. m.; d) μιν lang Il. e, 385. l, 376. z, 501. κ, 347. Od. λ, 578; e) die Dualendung -οιιν hat langes ι Il. t, 396; n, 511; π, 560; Od. ζ, 219; dazu νῶῖν und σφῶῖν ψ 211; π, 171. — Warum ὥς eine vorangehende kurze Silbe lang machen könne, ist § 30 erörtert.

In betreff der Länge einer anscheinend an sich kurzen, vokalisch auslautenden Endsilbe sind zwei Fälle zu unterscheiden. Erstens: der kurze Vokal steht in der Hebung, und die Freiheit ist durch die besondere Beschaffenheit des Vokals entschuldigt;23) dies ist der Fall bei dem ι des Dat. Sing., welches auch in der schwächsten Hebung lang gebraucht werden kann (vgl. § 47, 2, b), sogar vor Encliticis und δέ, vor denen keine Cäsur stattfindet, als: Il. h, 142 κράτεῗ γε. o, 108. e, 156 πατέρῖ δέ. i, 180. c, 459. r, 123. χ, 314; ferner in der männlichen Cäsur des V. F. Il. y, 244 Ἄιδῖ κεύθωμαι. ω, 707; dann in der IV. Hebung in Διὶ̂ φίλος und Διὶ̂ μῆτιν ἀτάλαντος sehr oft; Il. b, 116. i, 23. c, 69 ὑπερμενέῗ φίλον εἶναι in der männlichen Cäsur des V. F.; in der männlichen Cäsur des III. F. a, 283. ο, 104 und sonst; in der männlichen Cäsur des IV. F. θ, 267; vor Vokalen u, 259 σάκεϊ ἔλας᾿, Od. p, 206 ἔτεῗ ἐς und sonst. Da in Διειτρέφης ein ει für ι bezeugt ist, und nach Ausweis der verwandten Sprachen die Dativendung ursprünglich ει war, so bestanden hier möglicherweise zu Homers Zeiten, wie noch später bei den Adverbien auf -ί, -εί, die Endungen ει und ι nebeneinander.

Anmerk. 5. Die übrigen Fälle sind hart, aber auch nicht so zahlreich: a) α im Neutr. Plur., wie Il. e, 745 φλόγεᾶ ποσὶ, u, 255 πόλλ᾽ ἐτεά̂ τε καὶ οὐκί; b) ε, ι im Vokativ, wie Od. w, 192 πάϊ, Il. d, 338 υἱὲ̂ Πετεῶο; δ, 155 und e, 359 φίλε κασίγνητε̂; c) ἔα eram e, 887; δ, 321; d) vereinzelt δέ̂ o, 478; τέκετο̂ Πολυφείδεα Od. o, 249; Πυλαιμένεᾶ ἑλέτην Il. e, 576; ὄνομᾶ: Οὖτὶν Od. ι, 366 u. a. m.

Zweitens: Eine an sich kurze, vokalisch auslautende Endsilbe steht vor Wörtern, welche in dem jetzigen Texte Homers zwar nur mit einem ρ oder λ oder ν oder μ anlauten, die aber in der scriptio continua auch mit zwei ρ u. s. w. geschrieben werden könnten und zum Teil geschrieben worden sind, indem die anlautende Liquida eine bedeutende Klangfülle hatte, die in der alten Schrift auch durch Aspiration ihren Ausdruck gefunden hat.24) Das ρ hatte diese Eigentümlichkeit auch später bewahrt, vgl. ἔρρεον, καταρρεῖν, und ist demgemäss auch bei den Attikern als Anlaut positionskräftig. Vgl. für ρ bei Homer Il. w, 430 αὐτόν τε̂ ῥῦσαι. 755 πολλὰ̂ ῥυστάζεσκεν (in der Senkung). i, 443 μύθων τε̂ ῥητῆρ᾽ ἔμεναι. Od. ν, 438 = ρ, 198 = s, 109 πυκνὰ̂ ῥωγαλέην (in der Senkung), und zahlreiche andere Beispiele, die anderen indes nur in der Hebung. Bei Attikern ist in der alten Komödie ausnahmslos Verlängerung, z. Bsp. ἴσα καὶ τὰ ῥήματα τίκτειν im Anapäst Aristoph. Ran. 1059; die Tragiker lassen beinahe ebenso oft kurz als sie verlängern, wohl in Anlehnung an den gleichfalls schwankenden Homerischen Gebrauch, während die Komödie der üblichen attischen Aussprache folgt. — Bei λ Homer: Il. ε, 358 (= f, 368; χ, 91) πολλὰ̂ λισσόμενος einziges Beispiel in der Senkung; in der Hebung γήρᾳ ὑπὸ̂ λιπαρῷ Od. l, 36, ἀπὸ δὲ̂ λιπαρὴν Il. χ 406, ἀπήμονά τε̂ λιαρόν τε Od. e, 268; Δίᾶ λίσαι Il. α, 394 u. a. m. Vgl. τρίλλιστος, πολύλλιστος, ἐλλίσσετο, ἔλλαβε. — Bei μ: Od. a, 56 αἰεὶ δὲ μαλακοῖσι. α, 27 u. oft ἐνὶ̂ μεγάρῳ (ἐνὶμμεγάροις schrieb Aristophanes von Byzanz). μάλα μέγα Il. ι, 303 und öfter, gerade bei μέγας sind die Beispiele sehr zahlreich. ἕνᾶ μάρψας Od. κ, 116. Vgl. φιλομμειδής; ἔμμαθεν Od. ρ, 226; ς, 362. — Bei ν: κατὰ̂ νεφέεσσι Il. ρ, 594, und so bei νέφος νεφέλη beinahe immer. ἐϋστρεφέᾶ νευρήν ο, 463, auch bei νευρή fast immer. ἅμᾶ νύμφαι Od. z, 105. ὅθῖ νητός β, 388, Aristophanes von Byzanz ὅθιννητός, vgl. ἐΰννητος. κατᾶνεύων ι, 490. — Manche wollen auch dem anlautenden ς eine solche Kraft zuschreiben, doch findet sich die Dehnung hier nur bei σεύω (vgl. ἔσσευα), σάρξ (wohl urspr. σϝάρξ) und (zusammen in 4 Fällen) bei σύ σέ σῦς συφεός. Vgl. § 19 Anm. 3, und über verlängerndes δ = δϝ daselbst Anm. 2; über Digamma in gleicher Funktion § 18, 5.

Anmerk. 6. Man hat vielfach den Grund dieser Verlängerungen in dem ursprünglichen Vorhandensein eines Konsonanten vor der Liquida finden wollen; aber diese Erklärung, so scheinbar sie für viele Fälle ist, reicht doch nicht für alle aus, z. B. nicht für μέγας, bei welchem Worte nirgends eine Spur von einem Konsonanten vor μ im Griechischen oder in den verwandten Sprachen hervortritt. Die oben gegebene Erklärung der Erscheinung ist wesentlich nach Hartel; sie ruht auf sicherem Grunde, nämlich zumeist auf der Behandlung des anlautenden ρ in der gesamten griechischen Sprache.

Anmerk. 7. Das Umgekehrte, die Verdoppelung einer auslautenden Liquida (ν) vor Vokal findet sich in einigen wenigen inschriftlichen Beispielen (ἣννἔχων, συννῆι d. i. συνῇ, τὰννἠμίνανdie Hälfte”, letztere beiden Beispiele in den gortynischen Tafeln). Damit lässt sich erklären ἀσῦνέτημι Alcaeus frg. 18; ἐ̂νόχλης und σὺ̂ν ὀλίγῳ in Theokrits äolischen Gedichten (29, 35; 28, 25).

Anmerk. 8. Inlautende Aspirata hat nur in sehr seltenen Beispielen verlängernde Kraft; es wird dabei die Tenuis sich vor dem Hauche gedehnt (verdoppelt) haben, was in den Schreibungen κχ, πφ hervortritt. Pind. Ol. 2, 67 ὀκχέοντι d. i. ὀχοῦσι; 6, 24 ὄκχον; Theogn. 1099 βρό̂χον; für σκυ?̔φος fand sich sogar in Prosa σκύπφος geschrieben, s. Athen. XI, 498; ὄ̂φιν Il. m, 208, ὄ̂φις Hipponax frg. 49 (Antimachos fr. 78 Kinkel?); φιλόσο̂φον Arist. Eccl. 571 im Hexameter (aus Not). — Anlautende Aspirata (wenigstens φχ) mit Liquida ist bei Homer entschieden positionskräftiger als Tenuis und Media, s. oben 2; bei den späteren indes lässt sich nichts dergleichen bemerken.

Anmerk. 9. Nur selten wird wegen des Metrums ein an sich langer Vokal kurz gebraucht, als: Il. k, 133 φοινι^κόεσσαν von φοῖνιξ, ῖκος. S. Ant. 104 χρυ^σέας von χρῦσός. Eur. Med. 978 χρυ^σέων, so auch öfter bei Pindar Hymn. Cer. 105 Ἐλευσι^νίδαο von Ἐλευσίς, ῖνος. S. Ant. 1120 Ἐλευσι^νίας. Bei den späteren Epikern und den Epigrammatisten kommen solche Verkürzungen ungleich häufiger vor.25)

Anmerk. 10. Dass lange Vokale und Diphthonge vor einem vokalisch anlautenden Worte kurz gebraucht werden können, haben wir §§ 47, 7 und 48, 2 und 3 gesehen. Es ist dies bei Grammatikern und Metrikern der erste τρόπος der κοινὴ συλλαβή (s. § 74, 4).

Nur selten und meist in gewissen wiederkehrenden Wörtern und Wortformen wird auch in der Mitte des Wortes der lange Vokal oder Diphthong vor einem Vokale kurz gebraucht. Od. u, 379 ἔμπαιον (¯ ˘ ˘). k, 243 χαμαι^ευνάδες Kompositum, vgl. ξ, 15; Il. π, 235. Il. n, 275 οἷος (˘ ˘), vgl. ς, 105, Od. h, 312; υ, 89. Il. d, 473 υἱόν (˘ ˘). Il. l, 380 βέβλη^αι. Od. z, 303 ἥρω^ος. Il. b, 415 δη^ΐοιο(?)26), während i, 408 λεϊστή mit ε geschrieben ist, vgl. Θρέϊκες § 55, 6. (Il. α, 156 wird richtiger ἐπεὶ geschrieben.) So auch zuweilen bei den nachhom. Dichtern: Antimach. frg. 37 Kink. κολω?́ͅει. Epigr. Abdera (Bechtel, Inschr. d. ion. D. nr. 162) πόλη^ας. Pind. P. 8, 55 (78) τοιαῦτα (˘ ¯ ˘). N. 6, 22 (37) υἱέων (˘ ˘ ¯). 9, 14 (31) πατρῴων (¯ ˘ ¯). P. 1, 53 (103) ἥρω^ας. 4, 58 (102) ἥρω^ες. N. 7, 46 (68) ἡρω^ϊαις.27) Bei den attischen Dramatikern in den Iamben: οἷος, ποῖος (˘ ˘), τοιοῦτος (˘ ¯ ˘), τοιόσδε (˘ ¯ ˘), als: Soph. Ph. 925 ἀλλ̓οὐχ οἷόν τε. OR. 1415 οὐδεὶς οἷός τε. OC. 262 σῴζειν οἵας τε. 803 πείθειν οἷός τ᾽ εἶ u. s. w. Tr. 1075 νῦν δ̓ ἐκ τοιούτου θῆλυς. Eur. Med. 626 γαμεῖς τοιοῦτον. Ar. N. 342 τοιαῦται (˘ ¯ ¯) in Anap. Sehr häufig ποιῶ (˘ ¯) mit d. Var. ποῶ, die gerade im Laurent. des Sophokles und im Ravennas des Aristophanes sehr häufig ist:28) S. OR. 918 ἐς πλέον ποιῶ (ποῶ Laur.). Ph. 120 ἴτω ποιήσω (˘ ¯ ¯, ποήσω L.). 409 μέλλει ποιεῖν. 752 σαυτοῦ ποιεῖς (m. ο L.). 926 τὸ συμφέρον ποιεῖ (desgl.). In lyrischen Stellen Aesch. S. 121 ἀρη^ΐων (ἀρεί̂ων Dind.). Eur. H. f. 115 γεραιέ, 902 γεραιόν (γεραόν S. OC. 238). Suppl. 279 δειλαία. — Ar. Pl. 850 δείλαιος (δείλαος Rav.), vgl. Equ. 139 (desgl.), Vesp. 40; S. Ant. 1310. Vesp. 282 φιλαθήναι^ος? Zweifelhaft Eur. Med. 431 πατρῴων (˘ ˘ ¯); Bacch. 1365 πατρῴα, Nauck nach A. πατρίων, πατρία. Das demonstrative ι von οὑτοσί verkürzt bei Aristophanes immer die vorangehende Silbe, als: αὑτη^ΐ, τουτου^ΐ u. s. w.29) Die Scholien zu Hephaestion (p. 106 f. Westph.) citieren noch aus Aristophanes (Eq. 477) Βοι^ωτῶν, aus Eupolis Ἀθηναι?́ων, aus Hipponax ευ?̓́ωνον und θηρευ?́ει; besonders häufig sei bei letzterem Dichter αι^ und οι^. Die Verkürzung von ευ ist übrigens ebenso wie die von αυ sehr selten: Pind. P. 8, 35 ἰχνευ?́ων; αὐάταν d. i. ἀϝάταν 2, 28, 3, 24. Über die lautlichen Gründe der ganzen Erscheinung s. § 47, 3.(Smyth; 147)

1 S. La Roche, Homer. Unters., S. 42f.

2 S. das. S. 1—41 (Thiersch, Hom. Gr., § 46; Hermann ad Orphica, p. 756; Spitzner de versu Graecor. her. p. 88 sqq.; Bekker, Hom. Blätter, S. 84 ff.).

3 Hartel, Hom. Stud. I^{2}, S. 80 f.

4 Goebel (s. unten zu 4) p. 10.

5 S. Westphal, Gr. Metr. III^{3}, 1, 105; Beneke de arte metr. Callimachi (Strassb. 1880) 30 ff.; Heep, Qu. Callimacheae (Bonn 1884) 31 ff.; Lehrs, Qu. ep. 262 ff.; Ludwich, Btr. z. Krit. d. Nonnos 8 ff.; Scheindler, Qu. Nonnianae, Progr. Brünn 1878.

6 Westphal a. a. O. 107; Matthiae, Gr. I, S. 98 f.; Hermann, Opusc. I, p. 251; Heimer, Stud. Pinda<*>íca, p. 89 ff.

7 S. Schneidewin, Praef. ad Simon. reliq. p. XLVIII.

8 S. Matthiä I, S. 99 ff.; Hermann, Elem. metr. p. 46 sq.; Porson ad Eur. Or. 64; Elmsl. ad Eur. Med. 288; Westphal S. 105 ff.; J. Rumpel, Progr. Insterburg 1865. 1866; C. Goebel de correptione attiea. Bonn (Strassburg) 1876.

9 S. die Stellen bei Seidler de vers. dochm., p. 21 sq.; Goebel p. 20 sq.

10 Meinecke, Com. Att. I, 294 f.

11 S. Matthiä, Gr. S. 101 und ad Eur. Hec. 673.

12 S. Spitzner, Anweis. z. gr. Pros., S. 82.

13 S. Spitzner, S. 92.

14 Ebendas. S. 76.

15 Ebendas. S. 77.

16 S. das Verzeichnis bei Spitzner, S. 101 ff.

17 S. Matthiä I, § 21; Spitzner a. a. O. §§ 50, 2, Anm. 2, 52, 2, d), 58, 1, b), 63, Anm. 1; Ellendt, L. S. φάρος.

18 Spitzner de versu Gr. her., p. 72 sqq.; Thiersch Gr., § 147; Ahrens Konj. auf μι, S. 35; Hartel, Hom. Stud. I^{2}, 1 ff.; Ludwich, Aristarchs Hom. Textkritik II, 287 ff.

19 S. Spitzner de vers. her., p. 83; Thiersch, Gr., § 148; Smyth, The reduction of ει to ι_ in Homer (Baltimore 1886), der das ι in -ίη als urspr. lang ansieht und auf -είη zurückführt; auch v. Kobilinski de α ι υ voc. ap. Hom. 18 ff. hält ι_ für urspr.

20 Über die Genetive s. jedoch § 110, 1.

21 S. Hoffmann, Quaest. Hom. I, p. 101 sqq.; Hartel, Hom. Studien I^{2}, 102 ff. Auch Kallimachos bedient sich noch zuweilen dieser Freiheit, Beneke de arte metr. Call. 26 f.; Heep, Qu. Callim. 24 ff.

22 S. Hoffmann, Quaest. Hom. p. 97 sqq.; Hartel, Hom. Stud. I^{2}, 104 ff.

23 S. Hoffmann I, p. 161 sqq.; La Roche, Hom. Unters. 49; Hartel, Hom. Stud. I^{2}, 56 ff.

24 S. Hoffmann l. d. p. 164 sq.; Düntzer in Fleckeisens Jahrb. 1867, 353 ff.; Oscar Meyer, Quaest. Homer. (Bonn 1868); La Roche, Hom. Unters. 49 ff.; Hartel, Hom. Stud. I^{2}, 3 ff.; Knoes de dig. homerico III (Upsala Universitets Arskrift 1879).

25 S. Mehlhorn, Gr. S. 30.

26 Hartel (Hom. Stud. III, Ber. d. Wien. Akad. LXXVIII, S. 15) will δηjοῖο, was auf δῃοῖο herauskommt; Allen, Gr. versification in inscr. p. 72 will einfach δῃοῖο, unter Berufung auf δῃώσαντες.

27 Über Pindar Mommsen zu Ol. 13, 78; Heimer, Stud. Pind. 117 ff.

28 Hartel, a. a. O. S. 21. Zacher, nom. in ΑΙΟΣ 8 ff.

29 S. Matthiä I, S. 57; Hermann, El. doctr. metr. p. 50; Ellendt, Lex. Soph. II, p. 298 sq. (520^{2} sq.). p. 586 (635^{2}); Seidler de vers. dochm., p. 100 sqq.

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