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166. a. Personalpronomina der ersten und zweiten Person.

Als Stämme der drei Personalpronomina darf man (für die Cas. obl.) annehmen με, τϝε und ϝε, (urspr. σϝε, vgl. sk. sva-s, svâ, sva-m, Gr. ἑ-ός, ἑ-ά, ἑ-όν), so im Sanskr. ma, tva. Im Nom. 2. Pers. ist der kürzere Stamm τυ, Sskr. tv-am (entst. aus tu-am), Zend tûm; ferner ist Verkürzung im dor. Akk. τύ. Das ς in σύ, σέο u. s. w. ist als eine Erweichung des ursprünglichen τ, τϝ anzusehen, s. § 31 S. 151. Eine Spur des Stammes τϝε findet sich in dem kretischen Akk. τρέ (s. S. 584), in dem das ϝ zu ρ erhärtet zu sein scheint.1) Nach Ausstossung des ϝ entstand der St. τε, daraus die Formen τέος, τέο u. s. w.; vor der Dativendung ιν ist auch das ε abgeworfen: τι?́ν. Die längeren Formen τεοῦς, τεοῦ, τεΐν erklären sich daraus, dass der St. τϝε in τεϝε (wie im indisch. Gen. tava) erweitert, und dann das ϝ ausgestossen wurde. Ein gleiches Verhältnis findet bei dem St. σϝε statt, der bald in ϝε bald in bald in ἑε, urspr. σεϝε (daher ἑοῦς, ἑΐν u. s. w.) überging.2)

Der Nominativ des Singulars des Personalpronomens der ersten Person weicht von den übrigen Kasusformen des Singulars ebenso ab, wie in anderen Sprachen, so z. B. im Indischen N. ah-am, ich, G. mê, meiner, D. mê, A. mâm, mâ, im Goth. N. ik, G. meina, D. mis, A. mik. Der Nom. ἐγ-ών entspricht ziemlich dem Ind. ah-am; der Stamm des letzteren ist ah, und am angesetzt, vgl. tv-am, du, aj-am, dieser, svaj-am, selbst, vaj-am, wir, u. s. w.;3) ἐγών war ohne Zweifel die ursprüngliche Form, wie auch schon Apollonius de pron. p. 63 sq. urteilt, der damit richtig das böot. τούν vergleicht. In den längeren Formen ἐμοῦ, ἐμοί, ἐμέ gehört das vorgesetzte ε nicht zum Stamme, wie

Kühners ausführl. Griech. Grammatik. I. T.

auch die mit dem Griechischen verwandten Sprachen nichts Analoges aufweisen, dagegen hat diese Vorsetzung von ε im Griech. Analogien, und sie hat hier dazu gedient, um einen Gegensatz zu den enklitischen Formen μοῦ, μοί, μέ zu bilden und somit auch die Bedeutung zu verstärken.

In ἐγώνη, (böot. ἰώνει), τύνη, τούνη, ἐμίνη, τίνη, ist η, wie γέ, als ein verstärkendes Suffix anzusehen, vgl. τιή (s. § 180, A. 3) u. ἐπειή;4) Bopp indes (V. G. § 326) hält dieses η für einen unorganischen Zusatz, wie im goth. Akk. thana st. tha-n = τό-ν. Der Auslaut ς in ἐμοῦς, τεοῦς, ἑοῦς, ἐμέος, τέος, ἐμεῦς, τεῦς scheint Zeichen des Genetivs wie in der III. Dkl.;5) τεοῦ, ἑοῦ (τεοῖο, ἑοῖο) scheinen Possessivformen, die für das Personalpron. verwendet sind, Brugmann, Kuhns Ztschr. 27, 406 ff. Die Akkus. μέ ἐμέ, σέ, haben das Kasuszeichen abgeworfen, wie im Lat. mē, tē sē und im Sanskr. mâ, mich, tvâ, dich, neben mâm, tvâm, und bieten den blossen Stamm, wie σφέ, ἄμμε, ὔμμε.

Die Pluralformen der 1. und 2. Person haben sich in ihren relativ ursprünglichsten Formen in der äolischen Mundart (ἄμμες, ὔμμες st. ἄσμες, ὔσμες von d. Stämmen ἀμμε, ὐμμε) erhalten, wie man aus der Vergleichung des Sanskrit ersieht, wo diese Pronomina die meisten Pluralformen aus den Stämmen ăsma und jŭ[sbreve]ma bilden. Der Auslaut ς in ἄμμες, ὔμμες ist wie in der III. Dekl. Zeichen des pluralischen Nominativs; das erstere μ ist durch Angleichung entstanden, wie ἐμμί st. ἐσμί, sk. asmi, ich bin. Durch Ersatzdehnung sind die dor. Formen ἁμές, ὑμές und (mit η für α_) die gewöhnlichen Formen ἡμεῖς ὑμεῖς entstanden; das εῖς der Endung entspricht dem Gen. auf ῶν (έων) und dem Akkus. auf ᾶς (έας). Der Spir. asper ist bei ὑμεῖς durch das anlautende υ bedingt, kann aber auch in dem urspr. vorhergehenden j seinen Grund haben; bei ἡμεῖς hat er keine etymolog. Begründung.6)

Im Duale der ersten Person ist der Stamm νω, vgl. im Lat. Plur. nos, skr. nas (Gen. D. Akk.), und in dem der zweiten Person σφω. Vom Nom. νῶΐ, σφῶϊ leiten sich die Possessiva νωΐτερος, σφωΐτερος; die Formen νώ und σφώ sind als Verstümmelungen zu betrachten.7) Statt der Endung ι erwartet man ε, wie bei der 3. Person σφωέ; wie auch wirklich bei Korinna und Antimachus νῶε (§ 160. 162) vorkommt.

Die Dativform auf ιν und ι in ἐμίν, τεΐν oder τίν, ἑΐν, ἵν, σφίν, ἡμῖν, ὑμῖν, ἄμμιν), ὔμμιν), νῶιν, σφῶιν ist allen drei Numeri gemeinsam, ähnlich wie der Akkus. auf ε sich in allen drei Numeri findet. Die verwandten Sprachen bieten hier nur undeutliche Vergleichungspunkte, die Entstehung dieser Formen ist daher völlig unklar. Zu dem enklit. Dat. τοι, der auch im Ionischen üblich ist, bietet das Sskr. die genau entsprechende Form tê (ohne v), weshalb das τ in dieser einen Form des Ionischen neben sonstigem ς (in den obliquen Kasus aus τϝ) nicht wundern darf.8) Die Akkusative τίν bei Theokrit (s. § 161), ἑΐν (§ 162), sowie der Akk. σφίν bei Aeschylus (§ 165, 5) möchten Verirrung sein, wie so vieles in dem Gebrauche dieser Pronominalformen, veranlasst durch die Akkusative μίν und νίν, in denen jedoch ν wirkliches Akkusativzeichen ist.

Die Mannigfaltigkeit der Stämme bei der Deklination der Pronomina der 1. und der 2. Person erklärt sich ganz natürlich. Während der Plural eines Substantivs die Mehrheit von Gegenständen derselben Art ausdrückt, verhält sich die Sache bei den Pronomina ich und du ganz anders; denn es giebt nicht mehrere Ich und nicht mehrere Du; daher die verschiedenen Bezeichnungen der Einheit, Mehrheit und Zweiheit. Sodann ist es Bedürfnis des Menschen, die verschiedenen Beziehungen, in die er treten kann, auch äusserlich durch Verschiedenheit der Form zu bezeichnen. Er braucht daher eine andere Form, wenn er als handelndes Subjekt, eine andere, wenn er als Objekt auftritt, und ein gleiches Verhältnis tritt auch bei der zweiten Person ein.9)

1 S. Ahrens, dial. II, p. 257.

2 Vgl. Bopp, V. G. § 326 f.; Ahrens, l. d. (doch s. § 18 S. 91 Anm.).

3 S. Bopp, V. G. § 326.

4 Vgl. Joh. Schmidt in Kuhns Ztschr. XIX, 282 f.

5 Anders Baunack, Curt. Stud. X, 69 ff.

6 Vergl. Bopp, V. G. § 332; Max. Schmidt de pron. Gr. et Lat. p. 8; Kuhn in Zeitschr. für vergl. Spr. II, S. 269.

7 S. Bopp, V. G. § 339. Cobet (Misc. crit. 260) verlangt sowohl für Homer als für das Attische die Schreibung νῴ, σφῴ; doch will der Accent zu der Annahme einer Kontraktion nicht stimmen: πρῴ, worauf sich C. beruft, ist doch nicht aus πρῶϊ, sondern aus πρωΐ kontrahiert. Auch kannte die grammatische Tradition kein ι adscr. in diesen Formen, Ap. pron. 110, b. Et. M. 609, 43. Schanz, Praef. Euthyd. p. XI.

8 Wackernagel, Kuhns Zeitschr. XXIV, 594 ff.

9 Vgl. Schmidt l. d. p. 6; Bopp, V. G. § 331.

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