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65. Verdoppelung der Konsonanten.

Mit der Lehre von der Angleichung der Laute steht in genauer Verbindung die Lehre von der Verdoppelung der Konsonanten, da die bei weitem meisten Fälle derselben aus dem Streben der Sprache nach Angleichung der Laute hervorgegangen sind. Wir müssen nämlich zwei Arten der Verdoppelung der Konsonanten unterscheiden. Die erstere beruht auf einem Bildungsgesetze, nach welchem sich ein Konsonant einen gleichen zugesellt, ohne dass dieser von vornherein schon gegeben oder der Stellvertreter eines anderen ist, und nur dieser Verdoppelung kommt eigentlich dieser Name zu.1) Diese lässt sich im Griechischen nur selten mit Bestimmtheit nachweisen, indem auch z. B. Πελοπόννησος aus Πέλοπος und νῆσος entstanden scheint, Brugmann, K.Z. XXVII, 591; Προκόννησος aus προκῶν νῆσος, ebenso Μυόννησος Ἁλόννησος Ἑκατόννησοι (aber wirkliches Kompositum Χερσόνησος mit einem ν);2) doch hat die Sprache sicher die Verdoppelung des letzten verbleibenden Konsonanten in abgekürzten Kosenamen angewandt, als (πάππας) Vok. πάππα, Papa, πάππος, μάμμα, μαμμία, Mama; τίτθη (τθ = θθ) aus τιθήνη, τέττα, Väterchen, ἄττα, ἄππα, dazu in zahlreichen Eigennamen auf ώ, als Σαπφώ (πφ = φφ), Φιλλώ, Ξεννώ (auch Ξεννίς), Ξενοκκώ, natürlich nur bei vorhergehendem kurzen Vokale.3) Die zweite Art der Verdoppelung ist durch das Zusammentreffen gleicher oder gleichgemachter Laute in der Flexion und Wortbildung bewirkt, und diese ist die bei weitem überwiegende, als: ἔν-νομος (v. ἐν u. νόμος), ἐλ-λείπω (v. ἐν u. λείπω), λέλειμ-μαι (v. λέλειπμαι). Namentlich wird durch Verdrängung der bei den Griechen unbeliebten Laute j, ς, ϝ die Verdoppelung der Konsonanten hervorgerufen, wiewohl dieselbe grösserenteils hinterher im Attischen und in der Mehrheit der anderen Dialekte, oft unter Dehnung des vorangehenden Vokals, wieder beseitigt worden ist.

Der Verdoppelung sind in der attischen und gewöhnlichen Sprache nur fähig die Liquidae ρ und λ, die Nasale μ und ν, der Spirant ς (fast gar nicht im Attischen), die Mutae τ, π, κ, als: ἔρρω ἄλλος v. ἄλjος, λῆμμα st. λῆβ-μα, Demosname Κίκυννα (Inschr., gegen Hdn. I, 257), θύννος, ἄννηθον nb. ἄνηθον, γέννα γεννητής γενναῖος (sonst kaum νν im Att., ausser in der Zusammensetzung, oben 1), τάσσω att. τάττω v. τάγjω, πάσσοφος aus πάνσοφος; ἵππος (aus ἴκϝος), πάππος (oben 1), στυππεῖον στύππινος4) (sonst kaum); auch κκ selten: κόκκος, , Kern der Baumfrüchte, κόκκος, , Scharlacheiche, λάκκος, Loch; — einige Onomatopoietika, als: κοκκύ, Ruf des Kuckucks, κόκκυξ, Kuckuck, nebst den Derivatis, κίκκος, b. Hes., Hahn, κίκκα b. Hes., Henne, κικκάβη, Nachteule, κικκαβαῦ, Laut der Nachteule, κακκάβη, Rebhuhn, κακκαβίζω, κακκάζω, gackere; ferner ἀκκώ und μακκώ (Hypokoristika; vgl. 1) und dazu ἀκκίζομαι, μακκοάω; schwankend (auf d. att. Inschr. selbst) das Fremdwort σάκκος σάκος Sack und die von μικός klein abgeleiteten Eigennamen, Μίκκος Μίκα u. s. w.5) Die Media γ findet sich zwar oft verdoppelt, aber die Verdoppelung besteht nur in der Schrift, als: ἄγγελος (spr. angelos), s. § 3, S. 57. Dass zwei Aspiratae im Griechischen nicht verdoppelt vorkommen, werden wir § 67, 1 sehen.

Die Verdoppelung des ρ findet statt beim Hinzutritte des Augmentes, als: ἔρρεον, und in der Komposition, wenn dem ρ ein kurzer Vokal vorangeht, als: ἄρρηκτος, βαθύρροος; aber: εὔρωστος (v. εὖ u. ῥώννυμι). Da das ρ mit einem starken Hauche ausgesprochen wurde, so ergab dieser im Inlaute die Verdoppelung, gleichwie im Anlaute das ρ positionskräftig war, s. § 75, 12. Doch wird auf att. Inschriften diese Verdoppelung des ρ keineswegs konsequent durchgeführt,6) was auch nicht zu verwundern, wenn die Ausprache des einfachen ρ im Anlaut dieselbe war.

Anmerk. 1. Herodian will auch αἴθουσσα, Ἔμπουσσα, Συράκουσσαι, Συρακόσσιος, I, 270 u. s., wiewohl er Ἀνθέμουσα (aus -όεσσα!) Δρύουσα und vieles andere mit einfachem ς zuliess, das. 269 f. Die attischen, wie die einheimischen Inschriften haben Συρακόσιοι. Die Verdoppelung des ς in Eigennamen ist überhaupt oft Missbrauch späterer Schreibung: so heisst es Κηφισός, Ἰλισός, Λάρῖσα, Κνωσός, Ἔρεσος, n. d. Inschr.7) (doch nach denselben Ἁλικαρνασσός; Παρνασσός (also auch ion Παρνησσός?) nach Herodian I, 209; Κάσσανδρος Inschr.,8) vgl. att. Vasen Καττάνδρα). Wo das σς berechtigt, behalten es auch die Attiker in fremden Eigennamen im allgemeinen bei; im Attischen selbst war σς für ττ bei vorhergehendem τ in πτήσσω, πτίσσω, πτύσσω, während im übrigen dem ion. (ep.) σς entweder ττ oder ς (ὅσος, μέσος, ἐτέλεσα) entspricht. Doch verdoppeln in Wörtern letzterer Art auch die Tragiker das ς zuweilen an melischen Stellen, seltener in Iamben, als: τόσσων (?) Aesch. Ag. 140. τόσσον Soph. Ai. 185. ὀρεσσιβάτᾳ OR. 1100. ὅσσα Ph. 508. ὀλέσσας Ai. 390. ἐσσύθη 294. μέσση Ant. 1223. 1236. ἔσσεται (?) Aesch. P. 121, so auch im Dat. Pl. III. Dekl. εσσι, als: βαρίδεσσι Aesch. P. 554, μερόπεσσι Suppl. 89. χείρεσσι Eur. Alc. 756; πελάσσαι 280. ἀφυσσαμέναν Med. 822. ὅσσον Suppl. 58. ὅσσα Troad. 758. πρόσσω Alk. 910.

Anmerk. 2. Die Verdoppelung von β ist ausser in der Apokope (§ 42) ungewöhnlich; hervorzuheben ist der Eigenname Ἀρύββας, C. I. Att. II, 115, Voemel zu Demosth. 1, 13, wofür handschriftlich oft Ἀρύμβας. So ist auch bei der Apokope Schwanken zwischen ββ und μβ: bei Homer κάμβαλε v. l. Il. ε, 343 u. s.; ja auch zwischen ππ, πφ u. μπ, μφ: ἀμπέμψει für ἀππέμψει (Od. ο, 83), καμφάλαῤ (Il. π, 106, für κὰπ φάλαῤ; letztere LA. bezeugt Aristarch). Die Verdoppelung δδ statt ζ findet sich nur im dorischen, eleischen und böotischen Dialekte, s. § 33. S. 157.(Smyth 78)

1 S. Pott, Et. F. II, S. 255 f.

2 Vgl. Strab. XIII, p. 618; Meineke, z. Steph. Byz., p. 121; nach Mein. wird das ν ausser bei ἑκατόν auch bei Nomina der III. Dekl. verdoppelt, bei solchen der zweiten aber nicht; also will M. Ἀρκτόνησος Ἀρκόνησος (Bäreninsel), nicht Ἀρκόννησος, vgl. Δημόνησος, Ἱππόνησος. Aber diese bedeuten doch δήμου νῆσος, ἵππου νῆσος, während mit Ἀρκόννησος sich Ἄρκτων νῆσος (Steph. Byz.), Ἄρκτων ὄρος (Berg in Mysien) vergleichen. S. auch Meisterhans, Gr. d. att. Inschr. 74^{2}; Oehler, de simplic. consonis continuis (Lpz. 1880) p. 12.

3 Beispiele Fick, Bzz. Beitr. III, 277. Auch bei männlichen abgekürzten Namen ist der gleiche Vorgang: böot. Μέννει, Φίλλει, Βουκάττει (§ 123 b, 1), sogar Ἀννικῆς ion. aus Ἀνίκητος, Bechtel, Inschr. des ion. Dial., S. 109.

4 Meisterhans a. a. O.

5 Meisterhans^{2}, S. 73 u. 63.

6 Das. 73.

7 Riemann, Bull. de corr. hell. III, 484 f. Meisterhans 75. Schanz, Proleg. Phaedr. § 1, Leg. § 1.

8 S. Dittenberger, Syll. Index, p. 701.

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