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Spuren eines älteren Betonungsgesetzes.

Die Beschränkung der griechischen Betonung durch die Quantität der letzten Silbe und durch die Zahl der drei letzten Silben hat sich ohne Zweifel erst im Laufe der Zeit entwickelt. Man hat sich nun auch bemüht, in der griechischen Sprache wie in der lateinischen Spuren eines älteren Betonungsgesetzes zu entdecken.1) Da ein hochbetonter Vokal sich in einem Worte trotz aller Veränderungen, die es erfährt, als solcher zu behaupten pflegt, so müssen, scheint es, viele Wörter und Wortformen, welche nach Einbusse eines Vokales entweder Paroxytona oder Proparoxytona sind, ursprünglich den Hochton entweder auf der drittletzten oder auf der viertletzten Silbe getragen haben. So scheint μίμνω aus μίμενω entstanden, γίγνομαι aus γίγενομαι, ἔπλετο aus ἔπελετο; hätte es μιμένω u. s. w. geheissen, so hätte, wie man meint, der betonte Vokal nicht ausfallen können. Dies ist indes gar nicht einmal so sicher; denn wenn die Sprache ein Wort synkopieren will, so kann sie den Accent, den der zum Ausfall geeignete Vokal trägt, gleichzeitig verschieben. Es ist auch eine grosse Verschiedenheit zwischen Sprachen, in denen der Accent Tonstärke ist, und solchen, wie das Griechische, wo er nichts ist als musikalische Tonhöhe. Wenn also das Homerische μεσόδμη Verkürzung aus μεσοδομη sein muss, so ist doch eine Betonung μεσόδομη hieraus keineswegs mit Sicherheit zu erschliessen. Μιμενω aber und γιγενομαι sind hypothetische Formen, die gar nicht einmal von allen Sprachforschern angenommen werden.

1 Corssen, Lat. Ausspr. II^{2}, 920 ff.; gegen ihn Curtius, Kuhns Zeitschr. IX, 321 ff. und Stud. IV, 223 ff.; s. auch Misteli, Griech. Betonung 126 ff., 171 ff.

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