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8. Spiritus asper und lenis.

Ausser dem Spiritus asper (πνεῦμα δασύ), der zu den Spiranten gehört (Kehlkopfspirans) und dem lateinischen und deutschen h entspricht ('), bezeichnet die grammatische Schrift der Griechen und demgemäss unsere griechische Schrift auch den Explosivlaut des Kehlkopfes, welcher vor Vokalen im Wortanfang, bei uns besonders auch in der Komposition vor vokalisch anlautendem zweiten Teile (“Mundart”) zu hören ist, und den die Semiten mit Aleph schreiben. Man nennt diesen Laut (') spiritus lenis, πνεῦμα ψιλόν, obwohl eigentlich diese Bezeichnung, “hauchloser Hauch”, eine contradictio in adiecto ist.1) Oder er heisst προσῳδία ψιλή, gemäss der abusiven Ausdehnung des Wortes προσῳδία = accentus auf die sonstigen verwandten Lesezeichen. Jedes mit einem Vokale anlautende Wort hat eines dieser beiden Hauchzeichen, als: Ἀπόλλων, ἱστορία. Bei Diphthongen nimmt das Hauchzeichen üblichermassen seine Stelle über dem zweiten Vokale ein, als: οἷος, εὐθύς, αὐτίκα; bei den uneigentlichen Diphthongen: , , aber in der Unzialschrift links oben von dem ersten Vokale, als: Ἄισσω (ᾁσσω), Ἧι (), Ὠιδή (ᾠδή). Es beruht dies nicht auf Lehren der Grammatiker, sondern hat sich als praktisch bei uns herausgebildet, damit man nicht ἀίξ a-ix, Αἴσσω aisso spreche. Die Liquida ρ wird anlautend mit einem starken Hauche gesprochen und erhält daher zu Anfang des Wortes den Asper, als: ῥήτωρ (rhetor). Treffen in der Mitte des Wortes zwei ρ zusammen, so erhält das erstere den Lenis, das letztere den Asper, als: Πύῤῥος (Pyrrhus). S. Schol. ad Dionys. Gr. in Bekk. An. II. p. 693. Diese Schreibung ῤῥ ist indes in neuerer Zeit abgekommen und hat auch kaum einen Zweck, obwohl sie, wie lateinisches rrh zeigt, eines Grundes keineswegs entbehrt. Die Steinschrift der alten Griechen kannte alle diese Lesezeichen nicht; auch in der Bücherschrift noch der römischen Zeit fügte man höchstens hie und da um der Unzweideutigkeit willen den Asper zu, wenn etwa z. B. οὗ von οὐ zu scheiden war. Nur bei Dichtern nichtattischen Dialekts kamen die Lesezeichen seit der Zeit der Alexandriner regelmässig zur Verwendung.

Anmerk. 1. In den vorionischen Alphabeten, so dem alten attischen, wurde der rauhe Hauch durch den Buchstaben Heta (Θ, Η) bezeichnet. Nach Annahme des ionischen Alphabets bildeten die Tarentiner und Herakleoten in Italien für den Hauch ein neues Buchstabenzeichen, wozu sie die erste Hälfte des Η verwandten: [rpress]. Anderswo, so in Athen vielleicht schon zu Platos Zeit, wurde dies selbe Zeichen als Lesezeichen übergeschrieben: [Arpress], und dieser Gebrauch ging auf die alexandrinischen Grammatiker über. Der Spiritus lenis wurde in älterer Zeit gar nicht bezeichnet; erst die alexandrinischen Grammatiker benutzten dazu das Zeichen [lpress], d. h. die andere Hälfte des Η. Schol. ad Dionys. Gr. in Bekk. An. II, p. 692: τὸ σημεῖον τῆς δασείας, ἤτοι τὸ διχοτόμημα τοῦ Η τὸ ἐπὶ τὰ ἔξω ἀπεστραμμένον . ., τὸ δὲ ἕτερον τοῦ αὐτοῦ στοιχείου διχοτόμημα τὸ ἐπὶ τὰ ἔσω ἐστραμμένον. p. 706: δασεῖα συναπτομένη τῇ ψιλῇ τύπον τοῦ Η ἀποτελεῖ, οἷον [lpress] [rpress]; noch deutlicher p. 780 extr. Sehr bald wurden die Zeichen zuundverkürzt; aus diesen beiden eckigen Figuren entstanden später in der jüngeren Minuskelschrift die abgerundeten Zeichen: ‘und’.

Inlautend kam der Spiritus asper im allgemeinen nur in der Komposition vor; doch wurde er in diesem Falle gewiss noch schwächer als sonst gehört. Die Inschriften, die das Η = h verwenden, lassen das inlautende mehrenteils weg; das Lateinische indes gibt in der Regel auch den inlautenden Hauch wieder: exhedra (exedra), parhippus, Panhormus, Euhemerus.2) Näheres über dieInteraspirations. unten § 23.

Anmerk. 2. Über den Gebrauch der Aspiration in den Dialekten s. §§ 22, 23. (Smyth 9)

1 Korrekt Philodem. π. ποιημ. Fl. Jahrb. Suppl. XVII, 247: ἀνέσει (Barytonierung) καὶ ἐπιτάσει (Oxytonierung) καὶ προσπνεύσει (Aspiration) καὶ ψιλότητι (Hauchlosigkeit).

2 S. K. L. Schneider, Ausf. lat. Gr. I, S. 192.

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