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17. v in den Homerischen Gedichten.

In den Homerischen Gedichten, wie sie uns überliefert sind, findet sich keine Spur von dem Zeichen des Digamma. Auch erwähnen die alten Grammatiker Nichts von dem Gebrauche des Vau bei Homer. Beide Umstände dürfen uns jedoch nicht befremden. Denn diese ionisch verfassten Gedichte verloren das geschriebene und das gesprochene Digamma in demselben Masse, wie der Dialekt es verlor, d. i. sehr früh; die alexandrinischen Grammatiker hatten daher selbstverständlich nur Exemplare ohne ϝ im Gebrauche und konnten somit auch Nichts von dem Digamma bei Homer wissen.1) Dass aber Homer den Laut des Digamma gekannt und angewendet hat, lässt sich jetzt schon von vorn herein daraus vermuten, dass die Schwestersprachen diesen Laut besitzen, und daher derselbe ohne Zweifel der Ursprache angehört hat, aus der die griechische Sprache hervorgegangen ist. Hierzu treten aber noch thatsächliche Erscheinungen in den Homerischen Gesängen, welche uns zu der Annahme dieses Lautes in derselben nötigen. Wir bemerken vorweg, dass in der Massenhaftigkeit der betr. Erscheinungen vor gewissen Wörtern das Nötigende liegt, indem vereinzelt derartiges sich auch da findet, wo ein Konsonant nicht gestanden haben kann, weswegen eben bei manchen, namentlich selteneren Wörtern für Zweifel genug Raum bleibt.

Erstens: die Wörtchen καί, ἐπεί und alle Encliticae, die auf einen Diphthongen ausgehen, als: οἱ, τοι, τευ, μοι u. s. w., in welchen Homer überall, mit Ausnahme sehr weniger Stellen,2) vor einem Vokale den Diphthongen kurz gebraucht, haben denselben vor einem digammierten Worte sowohl in der Hebung als in der Senkung lang.3) Il. k, 328 καί ϝοι ὄμοσσεν. m, 407 χάζετ᾽ ἐπεί ϝοι θυμὸς ἐϝέλπετο κῦδος ἀρέσθαι. d, 17 πᾶσι φίλον καὶ ϝηδὺ γένοιτο. x, 510 γυμνόν: ἀτάρ τοι ϝείματ᾽ ἐνὶ μεγάροισι κέονται. a, 124 οὐδέ τί που ϝίδμεν. s, 192 ἄλλου δ̓ οὔ τευ ϝοῖδα. b, 215 ἀλλ᾽ ὅτι ϝοι ϝείσαιτο. Ebenso andere Wörter auf αι, οι u. s. f., gerade auch in der Senkung des Verses: Il. w, 479 δεινὰς ἀνδροφόνους, αἵ ϝοι πολέας κτάνον υἷας. Od. e, 106 τῶν ἀνδρῶν, οἳ ϝάστυ πέρι Πριάμοιο μάχοντο.

Zweitens: während die Verlängerung einer kurzen konsonantisch auslautenden Endsilbe ausser vor der männlichen Cäsur des III. Fusses nur sehr selten stattfindet, tritt sie öfter vor einem digammierten Worte ein. Il. i, 284 γαμβρός κέν ϝοι ἔοις. e, 836 χειρὶ πάλιν ϝερύσας᾿. i, 56 οὐδὲ πάλιν ϝερέει. — y, 298 ἀλλ᾽ αὐτοῦ τέρποιτο μένων: μέγα γάρ ϝοι ἔδωκεν. w, 583 νόσφιν ἀειράσας, ὡς μὴ Πρίαμος ϝίδοι υἱόν. g, 372 ὃς ϝοι ὑπ᾽ ἀνθερεῶνος. z, 351 ὃς ϝῄδη (besser ϝείδη). i, 147 πρὸς ϝοῖκον. In der Senkung findet die Verlängerung nur vor dem Pron. ϝέο und vor Formen der Wurzel ϝιδ statt, s. § 19. Ferner: die Verlängerung einer kurzen vokalisch auslautenden Endsilbe vor einem folgenden Vokale findet in der Senkung nie und in der Hebung höchst selten, vor den digammierten Wörtern ἕο, ἕθεν, οἷ, ὅς, ἑκυρός, ἰκέλη, ἰακή, ἰάχων hingegen an einigen Stellen statt, als: ἀπὸ̂ ϝέο Il. e, 343, ἀπὸ̂ ϝέθεν z, 62, προτὶ̂ ϝοῖ f, 507, τό̂ ϝοι x, 307, πόσεῗ ϝῷ e, 71, θυγατέρᾶ ϝήν e, 371, ἐπίσταιτο̂ ϝῇσι φρεσίν c, 92, οὐδὲ̂ ϝοὺς παῖδας b, 832, φίλε̂ ϝεκυρέ g, 172, ἀνδρὶ̂ ϝικέλη d, 86, γένετο̂ ἰαχή δ, 456.4)

Drittens: die unerlaubten Hiatus5werden durch die digammierten Wörter aufgehoben. Il. ζ, 203 Fίσανδρον δέ ϝοι υἱὸν Ἄρης ἆτος πολέμοιο. w, 778 ἄξετε νῦν, Τρῶες, ξύλα ϝάστυδε, μηδέ τι θυμῷ. b, 803 πολλοὶ γὰρ κατὰ ϝάστυ. z, 505 ἀνὰ ϝάστυ. b, 261 εἰ μὴ ἐγώ σε λαβὼν ἀπὸ μὲν φίλα ϝείματα δύσω. a, 85 θαρσήσας μάλα ϝειπέ. b, 38 νήπιος, οὐδὲ τὰ ϝῄδη (ϝείδη), ῥα Ζεὺς μήδετο ϝέργα. u, 122 δευέσθω, ἵνα ϝείδῃ.

Viertens: οὐ vor einem Vokale statt οὐκ (οὐχ), nur bei dem Pron. der 3. Person. Il. b, 392 οὔ ϝοι. a, 114 οὔ ϝεθεν. w, 214 οὔ ϝε.

Fünftens: das syllabische Augment vor einem Vokale zeigt das ϝ an, als: ἔαξε, d. i. ἔϝαξε, κατέϝαξε v. ϝάγνυμι, ἔειπας d. i. ἔϝειπας, ἑέσσατο d. i. ἐϝέσσατο v. ϝέν-νυμι; die Reduplikation im Pf. u. Plusq., als: ϝέϝολπα, ϝέϝοικε, ϝέϝοργα. Das ν ἐφελκυστικὸν fällt weg, als: δαῖέ ϝοι Il. e, 4, οἵ κέ ϝε i, 155, ἐνὼ ϝιδέειν Il. ε, 475 (nicht ἐγών); die elisionsfähigen Vokale in Kompositionen und bei Präpositionen erleiden keine Veränderung, als: κακοϝεργός, θεοϝειδής, μενο εικής, κατὰ ϝάστυ, ἀνὰ ϝάστυ (nie κατ᾽ ἄστυ, ἀν᾽ ἄστυ), μετὰ ϝέθνος Il. h, 115, ἀπὸ ϝῆς Il. b, 292, ὑπόϝειξιν, ἐπιϝάνδανε u. s. w.; statt ἀν- (α privat.) tritt vor, als ἀεικής, ἀελπτέοντες, ἀαγής.

Dass auch mehrere Wörter, welche in unserem jetzigen Homerischen Texte mit einem einfachen Konsonanten anlauten, zu Homers Zeit noch Digamma hinter demselben hatten, werden wir § 19 sehen.

Anmerk. Über das Digamma bei Hesiod s. Rzach, hes. Untersuch. (Prag 1875); Fl. Jahrb., Suppl. VIII, 377; Flach, D. dial. Dig. b. Hesiod, Berl. 1876; über das Dig. in den späteren epischen Dichtungen (Homer. Hymnen u. s. w.) Flach in Bezzenb. Btr. II, 1 ff.

1 Vgl. Giese, Aeol. D. S. 169. — Es ist gleichwohl nicht unmöglich, dass schon alte Grammatiker auf den Gedanken gekommen wären, dass die Fülle der unerlaubten Hiate bei Homer wie bei Pindar, Epicharm u. a. Dichtern sich auf diese Weise erkläre. Vgl. Dionys. A. R. I, 20: ἔθος ἦν τοῖς ἀρχαίοις Ἕλλησιν ὡς τὰ πολλὰ προτιθέναι τῶν ὀνομάτων, ὁπόσων αἱ ἀρχαὶ ἀπὸ φωνηέντων ἐγίνοντο, τὴν ο̂ῦ συλλαβὴν ἑνὶ στοιχείῳ γραφομένην —, ὡς Fελένη καὶ ϝάναξ καὶ ϝοῖκος καὶ ϝαὴρ καὶ πολλὰ τοιαῦτα.

2 S. C. J. A. Hoffmann, Quaestiones Homer. I, § 60. Hartel, Hom. Stud. II, 353 ff.

3 S. Hoffmann II, cap. 2.

4 Ebendas. II., § 156 sqq.

5 Über die erlaubten Hiatus s. C. J. A. Hoffmann, Quaestiones Homer. II, § 46 sqq., § 66: Sunt autem, quae metrica versus heroici ratione hiatum optime possint ferre, versus regiones tres: caesura trochaica pedis tertii, finis pedis quarti, thesis (d. Ende des daktylischen) pedis primi.

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