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Zahlform (Numerus) der Substantive und Adjektive.

Die griechische Sprache hat, wie das Sanskrit und andere Sprachen, drei Zahlformen: die Singular-, die Plural- und die Dualform (ἀριθμὸς ἑνικός, πληθυντικός, δυϊκός) sowohl bei dem Substantive und Adjektive als auch bei dem Verb. Den Dual1) hat das Sanskrit vollständiger ausgebildet, wiewohl auch hier die Zahl der geschiedenen Kasusformen nur 3 (gegen 6 des Plurals und 8 des Singulars) beträgt; das Griechische hat in der Deklination zwei, in der Konjugation im Aktive gleichfalls nur zwei, im Medium aber drei besondere Formen. Dazu aber treten an die Stelle der Dualformen oft die Pluralformen, und dies geschieht immer häufiger, je jünger die Schriftsteller sind, bis endlich, etwa seit Alexander dem Grossen, der Dual gänzlich erstarb.2So setzte Zenodot (unter Ptolemaeus Philadelphus) an vielen Stellen der Ilias, als: z, 112. ν, 627 u. sonst, aus Unkenntnis des Homerischen Gebrauchs eine Dualform wie ἀμύνετον, οἴχεσθον in der Bedeutung des Plurals in den Text, sowie auch die späteren Grammatiker Eratosthenes und Krates lehrten, bei Homer finde zwischen Dual und Plural kein Unterschied statt (Schol. ad Il. ω, 282). Bei Autoren wie Polybius, vollends im Neuen Testamente findet sich keine Spur des Duals; auch das Neugriechische hat ihn natürlich nicht; dagegen haben die atticistischen Schriftsteller der Kaiserzeit (seit Dio Chrysostomus)3) auch diese attischen Formen gleich anderen Formen und Wörtern wieder hervorgesucht und angewendet.

Das bisher Gesagte gilt zunächst nur vom attischen Dialekte; unter den übrigen Mundarten hat die äolische Asiens schon in sehr früher Zeit die Dualform aufgegeben. In den Überresten des asiatischen Aeolismus findet sich weder in der Deklination noch in der Konjugation irgend eine Spur der Dualform; auch die alten Grammatiker bezeugen das Gleiche.4) In der böotischen Mundart jedoch finden wir die Dualformen νῶε Cor. 5 b. Apoll. d. pr. p. 113, ἀνεθέταν, ἐποεισάταν, ὀβολώ, τοῖν Διοσκόροιν Inschr. (D.-I. 478 u. 744 a, 1130, 488 v. 164; Bull. de corr. hell. IX, 403 vgl. D.-I. 652; Bull. XIV, 6), bis um d. J. 200 v. Chr. hinab.5) Das Thessalische, wie wir es zumeist aus jüngerer Zeit kennen, hat keinen Dual, flektiert vielmehr δύο pluralisch (δύας acc. fem.). Auf dorischem Gebiete6) mangelt der Dual völlig auf Kreta, sonst aber sind Belege vorhanden, wenn auch nicht viele: der bekannte lakonische Schwur ναὶ τὼ σιώ (Ar. Lys. 81. 174. Xen. Hell. 4, 4, 10), ποδοῖν Ar. Lys. 1310. 1318. ἀμφοῖν ταῖς πολίεσσι Thuk. 5, 79 (Urkunde); bei Pindar χεροῖν, ποδοῖν, κτησάσθαν u. a. (nicht oft); auf Inschr. ἐπακόω Lak. Röhl IGA. 83, οἶε τελέω Kos Bull. de corr. hell. V, 217, ἰλάρχω Nemea das. IX, 349 D.-I. 3282; ἀνεθέταν Epidaur. Ἐφ. ἀρχ. 1883 p. 27 = D.-I. 3326, ἐποιησάταν Θηβαίω (gew. Schrift) Atalanta das. 1885, 199, ὀφίοιν und θυρώτοιν Epidaur. das. 1886, 145 ff. = D.-I. 3325 v. 279. 304. Im allgemeinen flektieren die späteren Inschr. (so die herakl. Tafeln) auch δύο pluralisch: δυῶν, δυσί. Reichlich hat den Dual die alte eleische Mundart; dagegen verloren hat ihn die neuionische; denn im ganzen Herodot findet sich der Dual nur an zwei Stellen in allen codd.: 1, 11 δυοῖν ὁδοῖν παρεουσέων u. 91 ἐκ γὰρ δυοῖν οὐκ ὁμοεθνέων, während er sonst auch nach den Handschr. nur die Formen δυῶν, δυοῖσι gebraucht.7) Auch bei Hippokrates sind die Belege spärlich und meist verdächtig: VI, 472 ἀπὸ δυοῖν διαφόροιν (-ροις od. ων codd.). . συμφόροιν (v. l. -οις). IX, 84 δυσὶ γαστέραιν (!). VII, 120 ἀμφοῖν τοῖν ὀφθαλμοῖν, aber θ ἀμφοτέροισι τοῖσιν ὀφθαλμοῖσιν. 128 τὼ ὀφθαλμὼ πονέετόν τε καὶ ἐξέχετον, aber θ Plural, der im Folgenden in alien Handschriften steht. 138 δυοῖν. VIII, 54 ἀμφοῖν. 76 τοῖν ὀφθαλμοῖν θ (v. τῶν ὀφθαλμῶν). 326 τὼ πόδε (τοὺς πόδας θ). τοῖν ποδοῖν (om. θ). τὼ μηρώ (τοὺς μηρούς θ). τοῖν σκελοῖν (τῶν σκελέων θ).(Smyth 195)

1 Vgl. die vortreffliche Abhandlung W. v. Humboldts, Über den Dual, Berlin 1828.

2 S. Reimnitz, Syst. d. griech. Dekl., S. 17. 13 ff.; Steph. Keck, Über den Dual bei den gr. Rednern, Würzburg 1882, mit der Recension von Wackernagel, Philol. Anz. XV, 189. (Bei Menander steht fr. 520 K. ταῖν ἀδελφαῖν ταῖν δυοῖν ταύταιν.) Aus den Inschr. erweist das Gleiche Meisterhans, Gr. d. att. Inschr. 161—164^{2}.

3 Christ, Gr. Litteraturgesch. 525; Schmidt, der Atticismus I, 87 f.

4 Ahrens, D. I, 108 (Herodian Il, 791. 661); Meister, Dial. I, 158. S. auch Doerwald, de duali numero in dial. aeol. et dor., Rostock 1881.

5 Meister das. 272 (zu streichen das Beispiel νεὶ τὼ σιώ Ar. Ach. 905, wofür νεὶ τὼς θιώς zu schr.).

6 Ahrens, D. II, 222 sq. 298; über Pindar Doerwald, S. 19 ff.

7 S. Bredov. dial. Her., p. 279.

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